62025 September – Frankreich, Spanien, Portugal
Gesamt laut Tacho: 6.496 km (18.09: 63550 – 09.10: 70046) 2025 September – Frankreich, Spanien, Portugal
Tag 1 – Samstag, 20. September 2025
Abfahrt: 20.10 Uhr, Tachostand: 63.583 km
Der Herbst naht. Für uns heißt das: Es wird Zeit für unseren jährlichen Südtörn. Der soll uns nach Möglichkeit diesmal bis ganz nach Portugal führen. Also nicht lang gefackelt, sondern eben noch was eingekauft, gepackt, überall „tschüß“ gesagt und losgerollt. Mal sehen, wie weit wir heute im Dunkeln noch kommen. Okay, bei Osnabrück setzt die Abendschwere ein. Also mal eben die Campercontact-App nach Vorschlägen für ein nahes Nachtquartier durchforstet. Der Parkplatz am Hasebad in Bramsche ist mit dabei. Da sind wir schon mal abgeblitzt, weil alle Womo-Nischen besetzt waren. Versuch Nummer zwei endet genauso. Dann geht es eben noch ein Stückchen weiter nach Leeden im Tecklenburger Land (das auf den Nebenstrecken im Übrigen ganz schön kurvig daherkommt). Dort ist auf dem örtlichen Gemischt-Parkplatz – zwischen mehreren Dorfgasthöfen und Wanderwegen – mehr Platz für Wohnmobile. Einige Sportler im Teamdress nutzen die ungewöhnliche Lokal-Dichte für einen gemütlichen Ausklang. Zum Schlafengehen gibt es noch ein Plopp aufs Dach (offenbar stehen wir unter einem Apfelbaum). Danach aber wartet eine schön ruhige Nacht auf uns.
Tag 2 – Sonntag, 21. September 2025
Abfahrt: 10.20 Uhr, Tachostand: 64.134 km
Wir erwachen bei windig-bewölktem Wetter. Einen Ortsrundgang sparen wir uns daher. Und wir wollen ja heute möglichst noch bis Frankreich kommen. In der Normandie haben wir uns nämlich ein ganz besonderes Besuchsziel für den Morgen danach ausgesucht. Und da wollen wir uns abends schon mal schön hinstellen. Das Tagesmotto lautet also: Kilometer machen – mit kurzer Mampfpause am Wegesrand (E42-Raststätte bei Spy in Belgien). Und mit kurzem Schreckmoment an der ersten Mautschranke in Frankreich, weil die Ampel trotz unserer Bip&Go-Mautbox auf Rot und die Schranke unten bleibt. Dabei hatten wir doch in der App geprüft, dass das Teil aktiv ist. Die Tante am anderen Ende der Hilfstasten-Leitung kann leider nur so rudimentär Englisch wie wir Französisch. Doch irgendwann macht die Box doch noch „bip“, und wir können durch die geöffnete Spur. Ob wir einfach nur nicht dicht genug herangefahren sind? Oder war das Ding nach über einem Jahr Nutzungspause noch im Tiefschlaf und musste erst von der Infotante freigeschaltet werden? Wir wissen es nicht. Bei den folgenden Mautabschnitten spurt die Box aber tadellos. Huff! Glück gehabt. So schaffen wir es wie geplant heute noch bis Giverny. Der Ort steht heute synonym für Haus und Garten des Malers Claude Monet (1840-1926) – obwohl immerhin noch knapp 450 andere Leute hier leben. Aber der große Impressionist hat hier ebenso große Spuren hinterlassen. Sein Garten, in dem die berühmten Seerosenbilder entstanden, ist heute Naturdenkmal. Das wollen wir uns morgen angucken. Und weil wir damit wahrlich nicht alleine sind, gibt es am Ortsrand inzwischen sogar einen eigenen Wohnmobil-Parkplatz, auf dem man auch über Nacht stehen darf. Zumindest jetzt, wo keine Hauptsaison mehr ist. Trotzdem steht schon halb Europa auf dem Platz, als wir gegen 19.15 Uhr ankommen. Zum Glück sind genügend Lücken frei, noch dazu in naturschöner Umgebung. Juhu!
Tag 3 – Montag, 22. September 2025
Abfahrt: 12.33 Uhr, Tachostand: 64.484 km
Monets Garten öffnet um 9.30 Uhr. Nur kurze Zeit später stehen wir schon in der Warteschlange vor dem Ticketschalter zwischen Chinesen, Amerikanern, Iren und Spaniern. Verrückt. Aber es geht schnell voran, erst recht, nachdem die chinesische Busladung vor uns gepeilt hat, dass der Eingang für Online-Ticket-Vorbucher ganz woanders ist. Weil aber trotzdem alles gleich Richtung Garten und Monet-Haus losstürmt, drehen wir erst mal eine Ehrenrunde durch den Museumsshop. Der befindet sich in Monets einstigem (und riesigen) Atelier. Historische Fotos im XXL-Format geben einen Eindruck davon, wie Monet hier und in seinem Garten gewirkt, gelebt und seine Seerosen gemalt hat. Doch jetzt ist endlich der Garten dran. Wir reihen uns ein in den Gänsemarsch mit den zahlreichen anderen Besuchern, um als Erstes Richtung Seerosenteich zu mäandern – vorbei an überbordenden Blumenbeeten und dem Monet’schen Wohnhaus, vor dem sich schon Warteschlangen bilden und hinunter zur Unterführung. Denn der Wassergarten liegt auf der anderen Seite der Hauptdurchgangsstraße von Giverny. Auch dort schwimmen wir mit dem Sog, gelangen durch ein Riesenbambus-Wäldchen zur berühmten Japanischen Brücke mit dem Blauregen, den Monet noch selbst gepflanzt haben soll. Davon will natürlich jeder mal ein Foto machen. Aber mit Geduld und Spucke geht auch das. Die Seerosen stehen zwar gerade nicht in voller Blüte, trotzdem ist alles wunderschön und strahlt einen ganz eigenen Zauber aus – wenn man sich ein bisschen Ruhe und Einsamkeit dazudenkt. Was ganz gut klappt, weil die meisten Besucher die Teichlandschaft ebenfalls ganz andächtig auf sich wirken lassen. Zumindest an diesem Montag Richtung Nachsaison. Im Hochsommer dürfte es allerdings wesentlich wuseliger hier zugehen. Wir reißen uns nur ungern wieder los. Aber wir wollen ja noch den Normannischen Garten würdigen, den wir eben nur schnell passiert haben. Sonnenblumen, Dahlien, Pelargonien, Eisenkraut, Rudbeckien, Herbstzeitlose – man weiß gar nicht, wo man zuerst hingucken soll. Eine Verschwendung für die Augen im besten Sinne. Das Malerhaus schenken wir uns. Die Warteschlange wird einfach nicht kürzer. Dafür gönnen wir uns noch eine Beute-Runde durch den Shop, stromern danach ein bisschen durchs Dorf, drehen ein Ründchen durchs Botanic Café und schließlich durch die frei zugänglichen Künstlergärten des „Musée des Impressionismes“. Das Impressionisten-Museum (dieses zeigt Wechselausstellungen in Zusammenarbeit mit dem Musée d’Orsay in Paris) lassen wir dagegen ebenfalls aus. Die Eindrücke sind so schon am Überquellen. Und wir wollen ja auch beim nächsten Mal noch etwas zu gucken haben. Denn wir waren bestimmt nicht zum letzten Mal hier. Soooo viel zu gucken… Aber auch noch viel zu fahren. Deshalb geht es jetzt weiter Richtung Süden. Einen Zwischenstopp legen wir am Nachmittag in Marboué ein, an einem riesigen grünen Picknickplatz mit Boule-Fläche, die auch gerade von einer Bande älterer Männer fleißig bespielt wird. Eine Entsorgungsstelle für Womos gibt es auch. Hier könnte man es auch über Nacht aushalten. Aber nach dem verspäteten Mittag mit Verdauungsspaziergang zum nahen Fluss – dem Loir (nicht zu verwechseln mit der Loire) – wollen wir noch ein paar Kilometer näher an Spanien heranrücken. Gut zwei Stunden Fahrt hängen wir daher noch dran und landen so schließlich in Manthelan südlich von Tours, also jetzt wirklich im Loire-Land. In dem 1400-Seelen-Ort wartet allerdings nicht der berühmte Fluss, sondern ein Gratis-Stellplatz mit ebensolcher Ver-und Entsorgung sowie Gratis-Angelsee auf uns. Wir angeln zwar gar nicht, genießen aber die friedliche Umgebung – und freuen uns über Besuch von einigen neugierigen Enten. Nicht die einzige tierische Begegnung auf dieser Reise, wie wir schon tags drauf feststellen werden…
Tag 4 – Dienstag, 23. September 2025
Abfahrt: 10.47 Uhr, Tachostand: 64.746 km
Es regnet. Aber wir wollen sowieso Kilometer machen. Spanien ruft. Dazu müssen wir uns aber weiter südlich unter anderem noch möglichst elegant am chronisch verstopften Bordeaux vorbeischlängeln. Also los! Und schön zwischendurch mit dem Fahren abwechseln. Tatsächlich kommen wir diesmal ohne Stau an Bordeaux vorbei. Dafür stockt es gewaltig im Großraum Biarritz. Kurz überlegen wir, ob wir wieder im Nebenort Anglet Station machen sollen. Aber unser Randparkplatz hinterm „Bellagio“ (eigentlich „Belambra“) steht nicht mehr zur Verfügung. Und für den offiziellen Bezahl-Stellplatz ist das Wetter nicht verführerisch genug. Also weiter Richtung Hendaye, einmal über den Fluss. Schon sind wir in Irun und damit im spanischen Teil des Baskenlandes. Wir „schnappen“ uns noch den Nachbarort Hondarribia. Denn übernachten wollen wir wieder auf dem Hausberg Jaizkibel (545 m), allerdings diesmal weiter unten. Uns lockt der große Wanderparkplatz am Fort Guadalupe nahe der gleichnamigen Wallfahrtskirche. Als der Regen aufhört, unternehmen wir noch einen kleinen Abendspaziergang über den angrenzenden Picknickplatz, auf dessen Kuppe ein großes Steinkreuz steht. Und werden prompt von einer Mini-Herde grasender Ponys umzingelt. Am Ende der Runde tauchen in der nun mit Macht einsetzenden Dämmerung auch noch Respekt einflößende Rinder auf. Die aber lassen sich durch unsere Anwesenheit nicht weiter beirren und mampfen unverdrossen an ihrem Gras. Da bekommt man glatt selbst Hunger. Apropos…
Tag 5 – Mittwoch, 24. September 2025
Abfahrt: 12.05 Uhr, Tachostand: 65.300 km
Auch dieser Tag startet mit Regen. Aber wir haben ja unsere Gummierung dabei. Ausgerüstet mit Regenjacke, Regenhose und robusten Wandertretern wagen wir die Umrundung des historischen Forts. Ganz schön gewaltig, das Teil, das ab 1890 errichtet wurde, im Spanischen Bürgerkrieg als Gefängnis diente und dann bis in die 1980er Kaserne war. Der Naturpfad, der von oben den einen oder anderen Einblick gewährt, ist übersät mit Seeigeln. Nein, natürlich nicht! Es sind Massen von stacheligen Esskastanien. Am Ende der Runde landen wir wieder bei „unseren“ Ponys, die jetzt offenbar noch Verstärkung bekommen haben. Außerdem reißt endlich die Wolkendecke auf. Da ist noch ein Spaziergang zur Wallfahrtskirche Nuestra Señora de Guadalupe drin. Die ist süß und klein, der Schutzpatronin von Hondarribia geweiht, wurde im Lauf der Geschichte mehrmals bei Belagerungen zerstört, aber immer wieder aufgebaut. Die heutige Kurche stammt aus dem 19. Jahrhundert und liegt am nördlichen Jakobsweg, der entlang der baskischen Küste verläuft (also nicht die klassische Route aus dem Hape-Buch). In der Kirche kann man sich selbst einen Pilgerstempel verpassen und einen Blick auf die Schwarze Madonna erhaschen, eine der insgesamt acht Schwarzen Jungfrauen der baskischen Provinz Gipuzkoa. Gegenüber der Kirche, auf der anderen Straßenseite, breitet sich ein wunderschönes Panorama aus. Bis hinüber nach Hendaye/Frankreich kann man gucken – zumindest, sobald sich die letzten Nebelschwaben aufgelöst haben. Nun wollen wir aber noch mal eine andere Ecke von Hondarribia entdecken. Dazu fahren wir den Jaizkibel wieder hinunter und kurven zum Kap Higer hinauf mit seinem etwas ramponierten Leuchtturm, ein paar Cafés neben dem Campingplatz-Gelände und einer tollen Steilküste. Sonnenschein begleitet unseren Spaziergang. Am Mittag geht es weiter. Unser nächstes Ziel liegt hinter Bilbao, also schon in Kantabrien. Das ist ordentlich Strecke. Doch am Nachmittag sind wir fast da. In Castro Urdiales ist noch ein gemütliches Vorräte-Auffüllen beim Eroski-Supermarkt drin, dann ist es nur noch Katzensprung bis zu jenem Traumstrand, den wir auf früheren Nordspanien-Reisen schon zweimal links liegen lassen mussten: den Playa de Oriñon, eingebettet in eine fast halbrunde Bucht unterhalb der Steilküste. Wir reihen uns auf dem Randplatz zwischen einige andere Wohnmobile ein, schmieren das frisch erjagte Baguette und gehen zum Mini-Picknick ans Wasser. So lässt es sich aushalten, bis der Abend kommt.
Tag 6 – Donnerstag, 25. September 2025
Abfahrt: 11.30 Uhr, Tachostand: 65.549 km
Ohne weiteren Strandspaziergang kommen wir hier nicht weg. Also auf zu Runde zwei über den schönen weißen Sand. Danach starten wir durch, weiter Richtung Westen. Allerdings muss der T-Rex langsam mal wieder Windeln wechseln. Also legen wir noch einen kantabrischen Zwischenstopp ein – und zwar in Liérganes, südlich von Santander. Da gibt es einen kostenlosen Womo-Stellplatz mit allem Drum und Dran an der Bahnschiene. Und weil dieser recht zentral liegt, schauen wir gleich mal nach, warum der Ort es in die Qualitätsriege der schönsten Dörfer Spaniens geschafft hat. Mit dem mitten hindurch rauschenden Flüsschen Rio Miera und dem Bergland drum herum (die Bergkuppen des Marimón und des Cotillamón bilden dabei so eine Art Twin Peaks) hat Liérganes tatsächlich ein bisschen was Schweizerisches. Erstaunlich auch die große Konditor-Eiscafé-Dichte. Auf dem Rückweg von den putzigen Selfie-Lettern mit Wassermann (hat wohl mit der örtlichen Legende des Fischmanns „Hombre Pez“ zu tun) geben wir uns daher mal die Kugel – oder besser: zwei. Wow! Die Pasteleria Rego kann was! So gestärkt, kann’s weitergehen. Bis kurz hinter Gijon. Dort schlängeln wir uns hoch zum Cabo de Peñas. Dort erwartet uns ein windzerzaustes Kap mit dem obligatorischen Leuchtturm und ein paar unerwarteten Gimmicks. Zwar laufen auf der einen Seite gerade Sanierungsarbeiten an der „Kap-Kante“ (vielleicht ist der Leuchtturm, der laut unserem Reiseführer eigentlich ein Meeresmuseum enthalten sollte, deshalb gerade geschlossen?). Doch der Zugang zum Außenpfad ist weiter frei. Der schlängelt sich auf Planken entlang der Steilküste und bietet nicht nur einen atemberaubenden Blick auf den Atlantik, sondern ist auch von allerlei Erklärtafeln flankiert. Zum Beispiel über die Delfine und Wale, die man dort mit Glück zu sehen bekommt. Bei unserem Besuch ist aber aktuell leider keine „Saison“. Trotzdem ein toller Ort. Wir kurven zurück Richtung Womo, wollen aber noch dem Interpretationszentrum schräg gegenüber vom Parkplatz einen Besuch abstatten. Dort erwarten uns mehrere Ausstellungen zum Thema Meeres- und Vogelwelt, Natur- und Tierschutz auf zwei Etagen, wie uns die nette Tourismus-Mitarbeiterin am Eingang erklärt. Oben breitet sich dank Rundum-Doppelverglasung zudem ein 360-Grad-Panorama-Blick vor uns aus. Ein bisschen dunstig ist es zwar, doch wir können sogar die schneebedeckten Bergspitzen der Picos de Europa erkennen. Klasse! Wieder draußen, genießen wir noch ein bisschen Landschaft und den weiten Himmel, der sich langsam abendlich verfärbt.
Tag 7 – Freitag, 26. September 2025
Abfahrt: 9.07 Uhr, Tachostand: 65.804 km
Wir starten für unsere Verhältnisse früh und phne Frühstück. Den zunächst müssen wir in dieser abgelegenen Ecke etwas „zu futtern“ für den T-Rex finden, sprich: eine Tankstelle. Unser Navi ist irgendwie gerade auch nicht ganz auf der Höhe. Und so gerät die Anfahrt anfangs zu einem etwas unnötigen Gekurve auf engsten Durchfahrten durch kleinste (und natürlich tankstellenlose) asturische Weiler. Doch bei Luanco werden wir zum Glück fündig. Unsere Frühstückspause legen wir knapp anderthalb Stunden später am Picknick-Areal Puente de los Santos ein, nahe der gleichnamigen, riesigen Brücke bei Figueras. Wer sich vom Raststreifen und damit von der ordentlich befahrenen Küstenautobahn A-8 weg bewegt, hat auf der Seite mit dem weiläufigen, baumbestandenen Picknick-Gelände einen herrlichen Blick auf die Atalaya-Bucht und damit auch auf ein Stück Biskaya. Wendet man sich der anderen Seite zu, indem man vom Parkstreifen aus am Steilufer unter der Brücke entlang geht, erhascht man einen ebenfalls sehenswerten Blick auf die Stadt Ribadeo am gleichnamigen Fluss. Der markiert hier den Übergang zur nächsten Provinz: Galicien. Ribadeo, das nach unserer Beobachtung auch von vielen Jakobswegpilgern angesteuert wird, ist bestimmt noch mal einen Extrabesuch wert. Erst recht, wenn das stadtbildprägende Jugendstilgebäude Torre de los Morenos fertig restauriert ist. Aktuell jedoch verdecken Gerüste die Sicht auf das mächtige Haus mit dem fast asiastisch anmutenden Turm, wie wir selbst aus der Ferne erkennen können. Und beim nächsten Mal bringen wir am besten auch unsere Räder mit (auf die wir des Gewichts wegen diesmal verzichtet haben). Denn von den Wohnmobil-Parkplätzen am Groß-Supermarkt Eroski am Rande Ribideos aus, sind es mit Fahrrad bis ins Zentrum nur acht Minuten bei moderater Steigung (sagt GoogleMaps). Allerdings könnte man wohl auch näher dran parken, am Hafen von Ribadeo. Wir belassen es heute beim etwas verschlungen zu erreichenden Womo-Versorgungspunkt am Eroski (sogar mit Trinkwasser). Ein kurzer Einkauf ist auch noch drin. Dann aber wird es Zeit, stramm auf das Hauptziel des heutigen Tages zuzuhalten: das Cabo Fisterra am Ende der Welt. Schließlich wollen wir dort noch ein Übernachtungsplätzchen bekommen, bevor der Wochenend-Ansturm einsetzt. Unterwegs passieren wir gut zwei Stunden später einen Ort, den wir uns ebenfalls für die Zukunft merken müssen : Vimianzo – mit einer Bilderbuch-Ritterburg im kompakten „Taschenformat“. Für dieses Mal aber müssen wir den Ort auslassen. Die richtige Entscheidung, wie sich 40 Minuten später herausstellt. Denn das für Wohnmobile reservierte Parkplateau ist schon ziemlich voll. Was wohl auch damit zusammenhängt, dass das zweite kleinere Plateau eine Etage tiefer am Steilhang gesperrt ist. Dort standen früher vor allem Bullis und kleinere Womos. Ist vermutlich zu gefährlich geworden, Stichwort: Abbrüche. Auf unserer Etage wird zwar gerade eine Lücke mit Direktblick zum Wasser frei, aber wir bleiben schön in zweiter Reihe. Zu große Kuhlen und zu viel Geröll für uns. Wir wollen ja nicht den Gastank unterm T-Rex verbeulen. Nach dem Zurechtruckeln fackeln wir nicht lang und marschieren ans Ende der Welt. Auch, wenn hier allein schon durch die Pilger und Busladungen immer ein Kommen und Gehen und viel Verkehr an den Souvenirbutzen herrscht: Es ist einfach ein magischer Ort. Egal, ob bei ungetrübtem Sonnenschein oder – wie jetzt – mit allerlei Dunst und wolkigen Nebelschwaden im Anzug (oder nebligen Wolkenschwaden?). So feiern wir ein atmosphärisch interessantes Wiedersehen mit dem Leuchtturm, den Delfin-Skulpturen, dem Restaurant und seiner Aussichtsterrasse und natürlich der Felsspitze mit Pilger-Opferkreuz, grandiosem Panoramablick und andächtig versunkenen Besuchern aus aller Welt. Zwischendurch gönnen wir uns im Womo schon mal einen süßen Vorgeschmack auf Portugal: Pastéis de Nata aus dem Eroski. Später geht es noch einmal zum Kap. Da wartet nämlich noch ein Sonnenuntergang. Zwar zieht es am Abend weiter zu, trotzdem legt die Natur noch ein ganz passables Feuerspektakel am Himmel hin. Was will man mehr…
Tag 8 – Samstag, 27. September 2025
Abfahrt: 14.55 Uhr, Tachostand: 66.204 km
Wir können uns einfach nicht trennen. Das Panorama-Kap fordert uns zu weiteren Spazierkletter-Touren heraus. Doch das Wetter wird schlechter. Wir hatten zwar überlegt, noch eine weitere Nacht hier folgen zu lassen. Aber nun können wir auch genausogut weiterfahren. Kurs: Süden. Nicht ganz drei Stunden später kreiseln wir in Pontevedra mehrfach am eigentlichen Womo-Stellplatz vorbei. Erst, weil wir die entscheidende schmale Schneise verpasst haben. Dann, weil auf dem Platz keine Lücke mehr frei ist. Dafür bietet die nahe Uferstraße Avenida de Bos Aires einen Randparkstreifen, der auch für Womos passt. Und das mit Blick auf den Rio Lérez. Viel naturschöner, trotz des rege vorbeirauschenden Verkehrs. Aber wir wollen ja jetzt auch noch nicht schlafen. Stattdessen schnüren wir die City-Sneakers für einen Spaziergang ins Zentrum. Nach einer knappen Viertelstunde haben wir unser erstes Ziel erreicht: die Pilgerkirche „Santuario de la Virgen Peregrina“, die klein, aber kompakt auf einem muschelförmigen Grundriss steht. Ein Teil der Fassade ist zwar gerade eingerüstet, aber die Kirche hat geöffnet. Drinnen steht die „versprochene“ Pilger-Jungfrau, draußen schräg gegenüber die Papageien-Skulptur „Loro Ravachol“. Der modernen Legende nach gehörte der Vogel einem örtlichen Apotheker und hatte für die Kundschaft immer einen frechen Spruch auf Lager. Weil ihn alle gernhatten, wurde ihm später ein Denkmal gesetzt. Gleich dahinter lockt uns die Edel-Eisdiele Stromboli an die Theke. Die Kugel in der Waffel ist sowas von ihren Preis wert! Jam-jam! Wir gondeln weiter zu den Ruinas de San Domingos. Dort haben sich die Überreste des gotischen Dominikanerklosters (gegründet 1281) dekorativ mit Moos überzogen. Ein wie verzaubert erscheinender Ort – und mittendrin: eine merkwürdige weiße Matratzen-Barrikade. Und bewacht wird sie auch noch. Wir fragen bei der uniformierten Dame nach und erfahren: Das ist moderne Kunst. Dabei muss sie selbst ein bisschen schmunzeln. Die aufgetürmten Kissen inmitten der Ruinen haben schon was Putziges – sollen aber natürlich zum Nachdenken anregen. In diesem Fall über das Thema „Being human again“, so das Motto der 32. Pontevedra-Biennale, zu der das Kunstwerk zusammen mit weiteren Objekten im öffentlichen Raum gehört. Uns zieht es jetzt aber in eine andere Ausstellung. Denn gleich gegenüber präsentieren sich örtliche Vereine und Hilfsorganisation bei einer Art Freizeit- und Ehrenamtsmesse. Sehr interessant – vom Kinderschutzbund bis zum Drachenbootverein. Und der Schwimmclub gibt uns noch eine Badekappe als Souvenir mit. Sollte es wieder zu regnen beginnen, sind wir gewappnet. Mittlerweile ist es kurz nach 19 Uhr. Aber wir wollen noch ins Museo de Pontevedra. Das hat nicht nur bis 21 Uhr geöffnet, sondern ist auch gratis. Also nichts wie hin. Wobei wir kurz noch einen Blick in die prächtige Igrexa de San Bartolomeu werfen. Barock pur. Dagegen empfängt uns im Museum das komplette Kontrastprogramm. Auf vier Etagen in zwei Gebäuden, die über Glaspassagen miteinander verbunden sind, tauchen wir ein in moderne und zeitgenössische Kunst, archäologische Funde, Kirchenkunst, Keramik und Möbel. Hui, was für ein Ritt! Richtig toll, aber irgendwann zu viel für den Kopf. Überhaupt fordert Pontevedra zu einem Wiederholungsbesuch heraus. In der Stadt ist noch sooo viel zu gucken übrig. Jetzt aber wollen wir nur noch ins Womo, einen kleinen Happen essen und nach einem letzten Blick auf die bunt erleuchtete Brücke Ponte dos Tirantes (plus ein bisschen TV) ab in die Federn.
Tag 9 – Sonntag, 28. September 2025
Abfahrt: 11.11 Uhr, Tachostand: 66.336 km
Da der offizielle Stellplatz nun schon mal gleich um die Ecke liegt, können wir auch die Entsorgung nutzen. Danach kurven wir testhalber zu einem weiteren Ausweichplatz (falls man mal wieder herkommt), der über zwei normale Parkplätze und eine schmale Einbahnstraße entlang einer Mauer zu erreichen ist. Wir halten die Koordinaten fest: N42°26’11.75″ W008°37’53.52″. Kann ja nicht schaden. Nun aber heißt es: Adiós, Pontevedra! Bevor wir jedoch erstmals portugiesisches Terrain erobern, steht noch eine letzte Station in Spanien bzw. Galicien auf dem Programm. Zur besten Mittagszeit entern wir einen kleinen Picknickplatz (Ver- und Entsorgung) in Tui. Was klingt, wie ein großer deutscher Reiseveranstalter, ist eine mittelalterliche Stadt am Grenzfluss Rio Miño. Wir binden den T-Rex gut an, überqueren die kleine Brücke am Ende des Platzes samt Hauptstraße dahinter und sind damit schon auf dem besten Wege hoch zur Altstadt. Tui gehört laut Reiseführer zu den ältesten Orten in Galicien. Hier siedelten neben den alten Iberern schon die Römer und Westgoten. Wir mäandern immer höher durch die schmalen, fast autofreien Gassen, bis wir auf der Praza de San Fernando stehen. Vor uns: die Kathedrale von Tui. Mit dem Bau wurde Ende des 11. Jahrhunderts begonnen. Ende des 12. Jahrhunderts wurden die Arbeiten abgeschlossen. Als Vorbild diente wahrscheinlich die Kathedrale von Santiago. Kaum verwunderlich, denn auch hier kommen bis heute die Jakobsweg-Pilger vorbei. Allerdings diente der wuchtige Bau einst auch der Verteidigung, quasi als Teil des Festingsrings. Denn die Beziehungen zum Nachbarn Portugal waren über Jahrhunderte nicht die besten. In der Kathedrale geht gerade ein Gottesdienst auf die „letzten Meter“. Sachte rutschen wir in die letzte Reihe, um mal mitzuerleben, wie das hier so läuft. Streng katholisch, lässt sich – wenig überraschend – festhalten. Doch so bekommen wir immerhin noch ein bisschen was vom Inneren des Gebäudes zu sehen, bevor die Kirchendiener zum Aufräumen alle herauslotsen und smätliche Pforten erst mal verschließen. Für uns geht es daher weiter durch die Gassen, wo wir auch einen unserer heißgeliebten Quetschmünzen-Kurbelautomaten vir einem Andenken-, Pilger- und Dekoshop entdecken. Ein weiterer Automat daneben spuckt Souvenir-Medaillen aus. Ein gutes Pflaster für Sammler. Zum Abschluss gönnen wir uns noch einen Blick von oben auf den Fluss und das erste Stückchen Portugal auf der gegenüberliegenden Seite. Aber beim Gucken soll es ja nicht bleiben. Also zurück zum T-Rex und auf ins südliche Nachbarland. Die portugiesische Schwesterstadt Valença (mit einem womo-tauglichen Gratis-Parkplatz in Festungsnähe) merken wir uns für die Zukunft. Auch Vila Nova de Cerveira (mit Castelo) scheint ein netter Ort zu sein – etwas überraschend: das rentierartige Geweihtier auf dem Kreisel am Ortseingang. Offenbar kann man auch hier gut mit dem Wohnmobil stehen. Doch uns zieht es an die Atlantikküste. Genauer, zum Praia de Afife. Auf dem dazugehörigen Parkplatz ist trotz des sonnigen Sonntags und des geöffneten Strandcafés wenig los. Ein paar einzelne Womos haben es sich dort zwar schon gemütlich gemacht. Aber wir haben eine ganze Bahn für uns und betreten mit unserem Spaziergang zum Wasser nun zum ersten Mal portugiesischen Boden. Über schicke Holzplanken führt der Weg durch die Dünen. Ja. Hier können wir es eine Weile aushalten, zumal uns durch die Zeitumstellung auch noch eine Stunde geschenkt worden ist. Da können wir uns nach dem Flanieren erst mal in Ruhe mit Tee versorgen und einen Schwatz mit dem österreichischen Womo-Gegenüber halten. Theoretisch könnten wir auch über Nacht hier stehenbleiben. Doch nach einem weiteren Spaziergang wollen wir am frühen Abend noch einen Platz weiter südlich auf seine Tauglichkeit checken. Notfalls kehren wir dann hierhin zurück. Doch Platz Nummer zwei am Praia da Arda Norte überzeugt uns. Zwar ist es ein bisschen weiter hin zum Wasser (durch einen kleinen Buschwald und über noch verzweigtere Plankenwege), aber der Parkplatz ist größer, geschützter und ein bisschen grüner. Auch hier sind wir nicht die einzigen Wohnmobilisten. Aber das ist ja nichts Schlechtes, und außerdem haben sich alle großzügig über dem Platz verteilt. Nun wird es auch langsam dunkel. Also: Wir bleiben.
Tag 10 – Montag, 29. September 2025
Abfahrt: 12.12 Uhr, Tachostand: 66.445 km
Vor dem Frühstück gönnen wir uns einen weiteren Gang zum Strand und üben ein bisschen Wellenhüpfen. Schwimmen ist da nicht wirklich drin. Aber so geht’s ja auch. So vergondeln wir den Vormittag. Gegen Mittag rollen wir weiter nach Esposende, knapp eine Dreiviertelstunde entfernt. Den T-Rex vertäuen wir auf dem Parkplatz vor der Festung São João Baptista, ein Denkmal, das gerade zaghaft restauriert wird. Wir umrunden das Fort einmal und marschieren dann zu den großen Touri-Buchstaben vor der Mündung des Flusses Cávado in den Atlantik. Auch hier sind wir umgeben von feinem weißen Sandstrand. Weiter Richtung Badeort-Zentrum könnte man auf einem fast freischwebend wirkenden Steg entlang der Wasserlinie spazieren. Aber man soll sich ja auch was für künftige Reisen übrig lassen. Wir lassen den T-Rex wieder von der Leine und steuern ihn nun zur Abwechslung wieder ein Stück landeinwärts. Barcelos heißt unsere nächste Station. Dort verfolgen uns die inzwischen schon zur portugiesischen Nationalfigur mutierten Hähne der Keramiker-Stadt – in ganz unterschiedlichen Ausformungen. Erst einmal aber schlängeln wir uns zum örtlichen Womo-Stellplatz nahe des kommunalen Schwimmbades durch, der offenbar frisch erneuert wurde und Platz für knapp fünf nicht allzu lange Geschosse bietet. Auch hier treffen wir auf den Fluss Cávado. Denn vom Stellplatz führt der Fußweg ins Zentrum schick an dessen Ufer entlang, im weiteren Verlauf sogar auf einem modern geschwungenen Holzsteg. So gelangen wir zunächst zur mittelalterlichen Stadtbrücke, drunter hindurch und vorbei an einem großen Wassermühlrad am Fuße der Casa da Azenha. Der Steg führt noch eine ganze Strecke weiter. Wir aber zweigen jetzt ab und erklimmen die Stufen hinauf zur Altstadt. Oberhalb des Restaurants Yara Terrace angekommen, genießen wir erst einmal den Blick hinunter auf den Fluss und hinüber nach Barcelinhos. Dann stromern wir der Hauptkirche Igreja do Senhor Bom Jesus da Cruz de Barcelos entgegen und probieren die Klinke. Jou, geöffnet! Drinnen erleben wir unser blaues Wunder. Buchstäblich. Noch nie zuvor haben wir eine von innen mit blau-weißen Fliesen gekachelte Kirche erblickt. Wir können uns kaum sattsehen. Aber wir wollen ja noch ein paar „Hähnchen“ einsammeln. Direkt vor dem (leider) heute geschlossenen Keramikmuseum steht zum Beispiel noch so eine Figur. So mäandern wir langsam zurück zum T-Rex. Und mit diesem zurück zur Küste, allerdings stramm südwärts und noch an Porto vorbei. Im Schein der untergehenden Sonne kommen wir in Torreira an. Ein Nachtplatz mut direktem Meerblick bleibt uns leider verwehrt, denn entlang der Promenade sind Womos leider verboten. Also kurven wir zuerst zu einem grünen Picknickplatz mit leider etwas beengter Parkfläche, dann – wieder meernäher – zum geräumigen Parkplatz Parque de Estacionamento Norte 2. Der kam uns beim ersten Vorbeifahren zwar etwas sehr wie auf dem Präsentierteller vor. Doch ganz am Rand, direkt am Pfad durch die Dünen zum Meer, ist es gar nicht so übel. Das weitere Erkunden des Ortes sparen wir uns für heute. Schon zu dunkel. Stattdessen: Abendbrot-Programm.
Tag 11 – Dienstag, 30. September 2025
Abfahrt: 12.46 Uhr, Tachostand: 66.626 km
Der Morgen ist da, die Sonne lacht. Der richtige Zeitpunkt, um den noch ausstehenden Erkundungsgang zu erledigen. Über einen Holzsteg, der stellenweise mal dringend erneuert werden müsste, führt uns der Weg durch die Dünen zu einem weiten Sandstrand. Dort liegen einige der traditionellen Fischerboote auf dem Trockenen, so als hätte man sie extra für die knipswütigen Besucher dort platziert. Doch tatsächlich sind die Ruderboote so immer noch in Gebrauch, samt Jungfrau Maria und Mini-Altar innen am Bug. Ganz schön heftig, wenn man sieht, wie die großen Wellen hier so heranrauschen. Wir saugen das Panorama auf so gut wir können, dann entern wir den T-Rex für ein Spätstück. In Murtosa auf der anderen Seite des Flusses Aveiro legen wir einen Einkaufsstopp ein (lassen den im Supermarkt reichlich vorhandenen norwegischen Stockfisch aber liegen), bevor wir ein weiteres Inlandsziel ansteuern: die Ruinas de Conimbriga in Condeixa-a-Velha, eine bedeutendsten archäologischen Ausgrabungsstätten Portugals. Hier wurden die Reste einer römischen Siedlung gefunden. Das Ganze ist also so etwas wie eine (nur wenig) kleinere Ausgabe des Archäologieparks Xanten – Museum mit Shop und Café inklusive. Alles total beeindruckend, vor allem aber die schönen erhaltenen Mosaiken und die Therme mit den reaktivierten Wasserfontänen. Rund zwei Stunden vergehen wie im Fluge. Zum Abschluss gönnen wir uns noch original portugiesisches Speiseeis im Gläschen zum Mitnehmen. Theoretisch könnten wir hierbleiben und auf dem großzügig zugeschnittenen Parkplatz nächtigen. Doch erstens ist der Tag noch nicht vorbei, zweitens benötigen wir eine Entsorgung. Also hängen wir noch ein paar Kilometer dran – 65 in diesem Fall. Denn in Batalha wartet beides: eine Entsorgungsstelle plus Wasserzapfen am zentral gelegenen Sportplatz und ein Übernachtungsparkplatz gleich gegenüber am Rande eines Platzes, der einmal in der Woche den Wochenmarkt beherbergt. Als wir dort mit dem Kochen des Abendessens beginnen, schleicht sich eine hübsche Katze ganz elegant vor unsere geöffnete Seitentür und versucht uns durch das Fliegengitter hindurch zu hypnotisieren. So nach dem Motto: Füttert mich! So schwer uns das fällt, wir bleiben hart. Die Katze ficht das nicht weiter an. Weil die Sonne wohl gerade so günstig auf unseren Eingang fällt und alles schön erwärmt, fläzt sich die Samtpfote wie eine Sphinx auf die unterste Trittstufe. Dort hält sie eine ganze Weile Wache, bis sie ihr Glück bei den belgischen Wohnmobilisten versucht, die uns schon auf dem Parkplatz der römischen Ruinen über der Weg gelaufen sind und hier nun auch Station machen. Ist ja auch ein spannender Ort. Vor allem wegen seines großen Klosters mittendrin, dem Mosteiro de Santa Maria da Vitoria, erbaut vom 14. bis zum 16. Jahrhundert und seit 1983 Unesco-Weltkulturerbe. Das wollen wir uns am nächsten Tag mal genauer ansehen.
Tag 12 – Mittwoch, 1. Oktober 2025
Abfahrt: 11.48 Uhr, Tachostand: 66.803 km
Irgendwas sagt uns, dass wir besser gleich früh zum Kloster sollten. Und unser Gefühl ist richtig. Als wir um kurz nach 9 Uhr am Billettschalter stehen, formiert sich hinter uns schon eine große Busreisegruppe aus Frankreich. So aber kommen wir gleich an die Reihe und haben beim Besichtigen der Säle, Räume, Kreuzgänge und Innenhöfe plus Brunnenhaus schon mal einen kleinen Vorsprung, sprich: mehr Platz zum Gucken. Zumindest für eine Weile. Unser erster Eindruck: Was für ein riesiges Zuckerbäcker-Ensemble! Was für eine Flut an Ornamenten! Was für eine Baukunst! Okay, das waren drei Eindrücke. Und da .sind die unvollendeten Kapellen, die wegen Restaurierungsarbeiten leider gerade geschlossen sind, noch gar nicht inbegriffen. Aber so ist das wohl, wenn einem die Dankbarkeit von König Joao I. auf ewig nachschleicht. Weil der nämlich auf den Feldern des heutigen Batalha 1385 – trotz Unterzahl seines Heeres – die Schlacht von Aljubarrota gegen das spanische Kastilien gewann (oder besser: sein Feldherr Nuno Alvares Pereira), war die Unabhängigkeit Portugals gesichert. Und Johann spendierte den Bau des Klosters zu Ehren der Jungfrau Maria, der er das im Falle des eigentlich unwahrscheinlichen Sieges versprochen hatte. Das Kloster wiederum geriet zu einem wahren Monument, in dem sich Gotik und Manuelinik (ein rein portugiesischer Architekturstil, der ordentlich prunkt) prachtvoll vereinen. Klar, dass da dann auch so manch andere königliche Hoheiten Portugals hier begraben sein wollten. Doch auch ein neueres Grabmal ist hier zu finden, das des unbekannten Soldaten zu Ehren der portugiesischen Gefallenen im Ersten Weltkrieg. Errichtet wurde es im Kapitelsaal. Tatsächlich wurden die sterblichen Überreste zweier Soldaten hier begraben. Der eine kam in Französisch-Flandern um, der andere in Mosambik. Darüber brennt ununterbrochen die „Flamme des Vaterlandes“, gespeist vom Öl portugiesischer Olivenbäume und militärisch bewacht. Als wir dort hinkommen, findet prompt eine feierliche Wachablösung statt – die sich natürlich auch die Busreisegruppe nicht entgehen lässt. Danach wandeln wir noch ein bisschen im Kreuzgang und Innenhof herum und sagen den Klosterkatzen guten Tag, die dort offenbar höchstoffiziell Mäuse jagen. Genau wie die anderen Klostermitarbeiter auch tragen sie nämlich ein Namensschildchen. Anschließend ist noch ein Besuch im Refektorium fällig. In dem einstigen (natürlich holzvertäfelten) Speisesaal ist seit 1924 das Museum der Liga dos Combatentes (Veteranen der Streit- und Sicherheitskräfte) untergebracht. Allerhand Freundschafts- und Gastgeschenke ausländischer Streitkräfte sind dort ausgestellt. Von der Fahne bis zum Zinnteller, dazu reichlich Soldaten-Andenken von diversen Einsätzen. Auch die letzte portugiesische Flagge, die in Macao niedergeholt wurde, bevor die Kolonie 1999 an China zurückgegeben wurde, hat einen Ehrenplatz im Museum. Und ein Stück Heimat (wenn auch zweifelhafter Natur) begegnet uns dort ebenfalls: ein Namensband des Panzerschiffs Admiral Graf Spee, welches in den 1930ern auf der damaligen Kriegsmarinewerft in Wilhelmshaven gebaut, 1939 im Kampf vor Uruguay beschädigt und dann in der Mündung des Rio de la Plata vom eigenen Kapitän versenkt wurde. Immerhin rettete er so kurz vor Weihnachten mehr als 1000 jungen Menschen das Leben. anstatt sie in einen aussichtslosen Kampf zu schicken. Egal, wie man die Trophäensammlung im Museum findet: Man hat was zum Nachdenken. Trotzdem gut, dass der Museumsshop gleich daneben ganz harmlose Souvenirs im Angebot hat. Dann doch lieber einen kleinen magnetischen Portugal-Hahn für den Kühlschrank. So, mehr Input geht nicht. Zeit für den Heimweg zum T-Rex mit Kurzschwenk in die Kunsthandwerk- und Andenkenlädchen am Wegesrand. Kurz vor dem Mittag rollen wir weiter. Der westlichste Punkt des europäischen Festlandes ruft, der Cabo da Roca. Und bis dahin sind es noch um die drei Stunden Fahrtzeit. Vor allem das letzte Stück im Bereich Colares hat es in sich, weil schmal und kurvig. Das macht offenbar auch kleineren Fahrzeugen zu schaffen. Jedenfalls gibt es kurzzeitig eine Sperrung durch die Polizei, augenscheinlich wegen einer nachträglichen Unfallort-Begehung mit Maßband und Plottbrett. Da hatte es wohl in der Vergangenheit geknallt. Und auch wir müssen höllisch aufpassen, dass wir um die eine oder andere Kurve kommen, weil die uns entgegenkommenden Pkw nicht wirklich vorausschauend fahren (vielleicht auch gar nicht können). Zum Glück ist der eine oder andere aber dann doch bereit ein Stück zurückzusetzen, damit wir besser durchkommen. Nach dem mehrteiligen Nadelöhr ist es dann nicht mehr ganz so schlimm. Und als wir am Ziel ankommen, wird auf dem Parkplatz unterhalb des Leuchtturms sogar gerade eine schöne große Lücke am Rand frei. Sonst hätten wir uns weiter weg am Straßenrand was suchen müssen. So aber sind es jetzt nur noch ein paar Schritte zum Ausguck am Kap. Und wie das so ist an diesen Extrempunkten: Hier trifft sich die ganze Welt. Wir grasen alles ab, was geht: Bombenaussicht in 140 Metern Höhe über dem Meeresspiegel, Foto am „Bergkreuz“, Leuchtturm-Shop, Runde durchs Restaurant mit kulinarischem Mitbringsel-Angebot und Panoramablick. Im Womo lassen wir die Eindrücke noch ein bisschen sacken. Schließlich stehen wir jetzt am Wendepunkt unserer Reise. Ab nun geht es etappenweise zurück Richtung Heimat – aber natürlich trotzdem weiterhin im Urlaubsmodus. Deshalb zögern wir die Abfahrt noch ein wenig heraus, erst recht, weil wir ja wieder diesen Schlängelweg vor uns haben. Dann aber reißen wir uns los. Anderthalb Stunden später treffen wir am Praia Foz do Sizandro ein. Dort gibt es einen traumhaft naturnah am Küstenfluss gelegenen Wohnmobilstellplatz. Doch der ist schon voll, vor allem, weil sich einige Fahrzeug richtig doof (weil unnötig „breitbeinig“) hingestellt haben. Wir weichen auf den normalen Hafenparkplatz davor aus. Wahrscheinlich würde keiner was sagen, wenn wir dort über Nacht stehenbleiben würden. Wir belassen es jedoch bei einem gepflegten Spaziergang über die lange Holzbrücke vom Fluß zum Sandstrand am offenen Meer. Die Abendsonne wirft ein wunderschönes Licht darüber. Herrlich! Unser Nachtquartier schlagen wir – nach etwas abenteuerlicher Schilf-Scheichweg-Fahrt (danke, Navi!) – im nächsten Ort Santa Cruz auf. Der bietet uns zwischen Avenida do Atlantico und Rua do Navio zwar nur einen eher schnöden Parkplatz, an dem gerade neue Ferienappartements gebaut werden. Aber da es jetzt sowieso dunkel wird und auf der Baustelle schon Feierabend ist, bleiben wir.
Tag 13 – Donnerstag, 2. Oktober 2025
Abfahrt: 12.27 Uhr, Tachostand: 67.039 km
Nun wollen wir doch mal sehen, wo wir hier gelandet sind. Die Nacht in der Ferienhaus-/Appartement-Siedlung war jedenfalls sehr ruhig. Die Saison hier ist offensichtlich vorbei. Aber das kratzt das Meer ja nicht. Und da wollen wir jetzt hin. Ein kleiner Spaziergang querbeet führt uns zuerst zur Avenida do Atlantico und dann schräg hinunter zum Parkplateau am Strand do Navio inklusive Restaurant am Ende der Schneise. Was hier wohl im Sommer los ist. Der Strand jedenfalls zieht sich gefühlt endlos zu beiden Seiten – okay, ein bisschen unterbrochen von Felsklippen. Eine ganz besondere Formation wollen wir nun ansteuern. Dazu müssen wir aber erst zum T-Rex zurück. Denn das Objekt unserer Neugier – der Penedo do Guincho, ein Felsen im Meer, der an die Umrisse Australiens erinnert – liegt ein ganzes Stück weiter südlich. Wir finden einen passenden Längsparkstreifen fürs Womo an der Avenida Alto da Vela und erklimmen der Aussicht halber den Miradouro da Praia da Formosa. Trotz des dunstigen Vormittags: voll toll! Das ist nun unser Abschied von der portugiesischen Atlantikküste. Von nun an geht es ab durch die Mitte Richtung Osten. Nach einem Tankstopp bei E.Leclerc in Entroncamento landen wir am Nachmittag in Abrantes, was tatsächlich so ziemlich in der Mitte Portugals liegt, wenn man auf die Karte guckt. Wie wir schnell merken, liegt Abrantes außerdem hoch einem Hügel. Fast ganz oben finden wir auf dem Zentralparkplatz vor dem Bezirksgericht finden wir tatsächlich eine Schneise, die extra für „Autocaravanas“ vorgesehen und noch dazu frei ist. In der nahen Touristeninformation holen wir uns einen kostenlosen Stadtplan, eine Wegbeschreibung zum Post Office, wo wir endlich unsere gestern geschriebenen Ansichtskarten loswerden wollen, sowie Tipps für Sehenswertes am Wegesrand. Sehr schön dabei: der Blick auf den weit unten dahinfließenden Tejo. Und: die ein oder andere überraschende Wandkunst in der Altstadt. Die weitere Route mit dem T-Rex führt uns nun schräg nordwärts. In Guarda gucken wir, ob uns der Womo-Parkplatz am Sportpark Pernoita zusagt. Der hat zwar sogar eine Ver- und Entsorgung. Aber irgendwie ist uns das Ganze schon zu sehr bevölkert und zu sehr Steinwüste, auch wenn der grüne Park nicht weit weg ist. Vielleicht ein anderes Mal. Doch für jetzt ist es noch nicht spät genug, um schon das Nachtlager einzurichten. 25 Minuten können wir noch dranhängen. Und die bringen uns bis vor die Stadtmauern von Castelo Mendo. Was schon an sich etwas putzig daherkommt, weil CM keine Stadt, sondern ein Dorf ist. Allerdings ein ganz besonderes. Genau gesagt, eines von zwölf Aldeias Historicas – zwölf mittelalterlichen Dörfern, die besonders geschützt sind. Die Gegend von CM allerdings ist auch schon seit der Bronzezeit besiedelt. Die festungsartige Anlage kam aber natürlich erst später, als von benachbarter spanischer Seite Angriffe drohten. Von uns dagegen haben die heutigen Bewohner nichts zu befürchten. Im Gegenteil. Eine verkaufstüchtige ältere Frau klappert gerade sämtliche Wohnmobilisten auf dem Parkstreifen vor dem Dorf ab und preist – spannenderweise auf Französisch – ihren selbstgemachten Käse an. Wir wollten ja sowieso noch auf einen ersten kurzen Schwenk ins Dorf machen, solange es noch nicht vollends dunkel ist. Also folgen wir ihr zu einer Art Garagen-Schuppen-Hofladen. Und gehen mit einem unerwartet großen Ziegen-Frischkäse zurück zum T-Rex. Die Ziegen dazu haben wir zuvor schon hinter dem kleinen Picknick-Bereich am Parkplatz grasen sehen. Na, dann wissen wir ja schon mal, was nachher mit in die Nudelsoße kommt. Apropos futtern. In der Nacht machen uns merkwürdige Geräusche hinterm Womo stutzig. Rupf-rupf-rupf macht’s. Klingt nach etwas Größerem. Als wir vorsichtig um die Ecke lugen, sehen wir… eine genüsslich im Dunkeln mampfende Kuh. Und sie ist nicht alleine. Na dann wissen wir ja jetzt bescheid. Gute Nacht!
Tag 14 – Freitag, 3. Oktober 2025
Abfahrt: 10.30 Uhr, Tachostand: 67.743 km
Gestern war es ja schon dämmerig. Deshalb geht es heute morgen noch einmal ins Dorf und diesmal bis ganz nach oben auf die Hügelkuppe mit Burg- und Kirchruine und tollem Rundblick. Der Weg dorthin führt durch enge Häuserschluchten. Quer darüber: Leitungen, auf denen unzählige Schwalben sitzen oder nach rasantem Flug landen und dabei ohne Unterlass zwitschern und zwatschern. Ein einheimischer Hund trottet wie selbstverständlich mit hoch bis auf die Kuppe – so als wäre er unser Guide. Witzig, was dieses Dorf so alles an tierischen Begegnungen bietet. Ein Café gibt es auch, aber das hat noch zu. Aber wir wollen jetzt sowieso weiter. Vor allem müssen wir tanken. Im nahen Grenzort Vilar Formoso werden wir fündig und das sogar supergünstig. Und dann sind wir auch schon wieder in Spanien. Am Rande von Palencia legen wir einen Zwischenstopp zum Einkaufen ein. Die eigentliche Stadt merken wir uns mal für eine künftige Erkundung vor. Und den Christus von Otero im Stadtnorden gleich mal mit. Aber heute wollen wir noch ein bisschen die Distanz bis Frankreich verkürzen. Wir schaffen es bis in die Provinz Navarra, wo gerade emsig Horden von Traktoren in der Reben-Landschaft herumkreuzen. Der Weinernte halber. Für uns das Stichwort, gleich mal nach Irache beziehungsweise in den Nebenort Ayegui zu steuern. Dort soll es a) eine Gratis-Weinquelle für die Jakobsweg-Pilger und b) ein mögliches Nachtquartier für uns geben. Doch im schwindenden Licht finden wir a) die richtige Schneise nicht und b) einen schon ziemlich vollen und dazu noch beschrankten Platz vor. Der „Eintritt“ hätte zwar nur maximal vier Euro gekostet, aber uns ist das irgendwie zu beengt und durch das benachbarte Sportzentrum zu trubelig. Also hängen wir noch eine Viertelstunde dran und schlagen unsere Zelte stattdessen in Cirauqui auf. Auch dieser Ort hat Pilgerweg-Bedeutung und dazu einen geschlossenen mittelalterlichen Kern, von dem wir beim Abendspaziergang zumindest noch einen kleinen Eindruck bekommen.
Tag 15 – Samstag, 4. Oktober 2025
Abfahrt: 8.40 Uhr, Tachostand: 68.022 km
Die Nacht war ruhig. Doch morgens um kurz vor acht beginnen gleich vis-à-vis scheppernd-knirschende Bautätigkeiten. Das Gebäude vor uns bekommt einen Durchbruch nach draußen verpasst, wohl als zweiten Fluchtweg. Aber nicht schlimm. Wir wollten sowieso früh los, um noch mal einen Versuch in Richtung Weinquelle zu starten. Und der endet diesmal erfolgreich. Wir mogeln uns auf den kleinen Parkplatz vor dem noch geschlossenen Weinmuseum de Bodegas Irache, huschen einmal um die Ecke und landen direkt auf dem Jakobsweg. Vom diesem zweigt hinter dem Museum ein kleiner Innenhof ab. Und dort finden wir auch besagte Quelle, von der schon Hape Kerkeling in seinem Pilgerbuch „Ich bin dann mal weg“ erzählt hat.
