2021 August – Auf zum Nordkapp
Statistik: ========== Womo T334 Tage: 20 (vom 14. August bis 02. September 2021) Kilometer: 8033 km (lt Tacho, lt gps nur = 7651 km?) Tanken: 875 Liter Diesel (= 1.500 Euro) Durchschnittsverbrauch: 10,89 l / je 100 km Durchschnittskosten: 18,70 € / je 100 km Fahrzeit: 113 Stunden "on the Road" (fast 5 ganze Tage) Gasverbrauch: ca. 80 L (=90 Euro [leider teurer als bei uns]) Parkgebühren: 0,00 Euro Entsorgungskosten: 11 Euro
Vorwort:
-Galerie-
Es geht los:
14. August 2021 – Tag 1
Abfahrt: 10 Uhr | Tagesstrecke: 878 km
Jetzt geht es endlich los. Und wir wollen es tatsächlich wagen – auf den schnellen Hinterbeinen unseres T-Rex wollen wir bis hoch zum Nordkap, dem Mekka vieler Wohnmobilisten. Auch wenn wir nur zweieinhalb Wochen Zeit dafür haben. Aber da wir auf unserer Lappland-Fahrt 2018 schon etliche Orte entlang der kürzesten Nordroute durch Schweden kennengelernt haben, können wir die diesmal getrost links liegen lassen. Unsere Strategie lautet also: in großen Etappen und möglichst wenig Tagen zu Europas nördlichstem Festlandspunkt und dann gemütlich zurück-zickzacken. Allerdings ist das mit dem schnellen Vorankommen erst mal so eine Sache. Gleich ab der A1 um Hamburg herum stockt der Verkehr und wächst sich zu einem massiven Stau aus, dem man auch nicht auf den Bundesstraßen mehr entrinnen kann. Alles verstopft. Um 14 Uhr nehmen wir schließlich den ersten Fahrerwechsel vor, obwohl wir da noch längst nicht (wie eigentlich geplant) im nördlichen Schleswig-Holstein sind, sondern erst auf einer Raststätte kurz hinter HH. Aber es nutzt ja nix… Nachdem aber irgendwann der Korken heraus ist, kommen wir gut voran. Gegen 15.50 Uhr passieren wir bei Handewitt die deutsch-dänische Grenze. Auch hier Stop-and-Go, weil wir ja Corona-Zeiten haben.
An der Grenze wird daher nur ein Auto nach dem anderen im Schleichtempo durch- oder eben zur näheren Kontrolle herausgewinkt. Wir sehen offenbar nicht wie Impfverweigerer aus und dürfen so durchrollen. In Dänemark läuft’s flüssiger. Gegen 17.40 Uhr testen wir den Brobizz (Große-Belt-Brücke) zum ersten Mal. Der Transponder piept brav beim Durchfahren der Schnell-Mautspur. In Stamholmen im Großraum Kopenhagen tanken wir, kurz darauf überqueren wir die Öresundbrücke (genau: „DIE Brücke“). Eine Stunde und 45 Minuten später rollen wir am anvisierten Badesee bei Vesljunga ein. Etliche Vans stehen schon verteilt zwischen den Bäumen des kleinen Wäldchens. Aber wir finden auch noch was zum Stehen.
Nach einem kleinen Spaziergang ans Ufer und auf den Badeschwimmsteg muggeln wir uns für die erste Nacht im Wohnmobil ein. Der Urlaub hat begonnen.
15. August – Tag 2
Abfahrt: 10.05 Uhr | Tagesstrecke: 539 km
Gemäß der Devise „Strecke machen“ machen wir Strecke. Erstmal bis Höhe Nationalpark Tiveden. Nahe Aspabruk ist Pause mit Fahrerwechsel angesagt (14/14.15 Uhr). Kurz vor 16 Uhr treffen wir auf dem Parkplatz an der Grabhügelstätte Anundshögen bei Västeras ein, erkunden das frei zugängliche Gelände mit imposanten Schiffssetzungen und Erklärtafeln.
Nebenan wäre noch ein hübsches Café, aber wir erinnern uns: „Strecke machen“. Am späteren Nachmittag erreichen wir Gamla Uppsala, wo noch mehr und noch höhere Grabhügel in der Gegend herumstehen.
Auf dem zentralen Parkplatz warten extra Parkbuchten für Wohnmobile auf uns. Außerdem gibt es ein noch recht neues Service-Toilettenhaus in schicker Holz-Optik und mit separater Kabine für Latrintömning (also Spülausguss für die Klo-Rollkassette).
Wir wollen aber erstmal Historie einsaugen, spazieren zu den Königshügeln, bewundern die Taverne im Odin-Wikingerlook und besichtigen die Kirche von Alt-Uppsala.
Auf dem Weg zurück zum Womo können wir in der Ferne noch einen Blick auf das Schloss von Uppsala erhaschen. Dann wird es Zeit für einen gemütlichen Abend im T-Rex.
16. August – Tag 3
Abfahrt: 8.25 Uhr | Tagesstrecke: 705 km
Heute sind wir mal ganz früh dran, weil wir vor der Abfahrt gleich mal die Entsorgung deluxe ausprobieren wollen. Und dann geht es wieder stramm nach Norden.
Zumindest bis kurz vor Sundsvall. Rechtzeitig vor der mautpflichtigen Brücke biegen wir nach links ab ins Landesinnere. Nicht nur, um ein paar Euro Mautkosten, pardon: Kronen, zu sparen, sondern weil wir uns den toten Wasserfall (Döda Fallet) am Riksvägen 87 hinter Västerede anschauen wollen. Allerdings wird offenbar auch hier die Corona-Zeit zu ausgiebigen Straßenreparaturen genutzt. Auf dem Weg zu „Sveriges största naturkatastrof“ stranden wir im strömenden jämtländischen Regen noch dazu vor einer roten Baustellenampel. Wir warten und warten und warten. Nach weiterem Warten-Warten-Warten kommt tatsächlich das Lotsenmobil (das uns das Schild an der Ampel versprochen hat) und fährt mit uns und den nach uns folgenden Autos Kolonne an einer ellenlangen Baustelle vorbei.
„Follow me“ mal außerhalb eines Flugfelds – eine ganz neue Erfahrung. Am Ende darf der T-Rex wieder “ ohne Leine“ weiter. Der Regen hört auf. Und als wir auf den Parkplatz am Döda Fallet einbiegen, kommt endlich auch die Sonne raus. Besser geht’s nicht. Geht es dann aber doch. Denn als wir an der Holztreppe stehen, die hinunter zum trocken gefallenen Flussbett voll massiven Gerölls führt, können wir uns an dem Waldpanorama fast gar nicht satt sehen. Aber wir reißen uns natürlich trotzdem los.
Der Rundweg über unzählige Holzstege, Treppen und Brücken lockt. Kurzer Erklär-Einschub, womit wir es hier eigentlich zu tun haben: DÖDA FALLET (der tote Fall) – das ist die heutige Bezeichnung der Stelle, an der sich früher der Wasserfall Gedungsen (auch: Storforsen) befunden hat. Dieser floss vom Indalsälven aus dem ehemaligen See Ragundasjön und hatte eine Höhe von 35 Metern. Doch der Wasserfall wurde zum Problem, als die Forstindustrie den Indalsälven für das Flößen von Baumstämmen nutzen wollte. Da der Fall hoch, steil und steinig war, wurden die meisten Baumstämme an dieser Stelle zerstört. Der Kaufmann Magnus Huss, bekannt als Vildhussen, startete für 100 schwedische Reichstaler Ende des 18. Jahrhunderts einen Versuch, seitlich des Wasserfalls eine Rinne für die Flößerei zu schaffen. Dieser Versuch endete in der Nacht vom 6. auf den 7. Juni 1796 in einer Katastrophe. Bei der Öffnung der Rinne wurde der gesamte dahinter liegende See innerhalb weniger Stunden geleert. Der Indalsälven schuf sich mit einer 15 Meter hohen Flutwelle einen neuen Lauf durch die poröse Kiesmoräne und hinterließ den Gedungsen still und wasserlos.
Und da klettern wir jetzt drin (oder besser: drum) herum. Gigantisch-schön. Am Ende des Rundwegs geht es die Holztreppe wieder hinauf, vorbei einer Jumbo-Drehtribüne für Freiluftaufführungen und hinauf zum malerisch gelegenen Döda-Fallet-Café mit noch malerischer Aussicht (und leckerem Angebot von Burger bis Wienerbröd).
Auf dem Weg zurück zum T-Rex besucht uns noch ein Trauermantel (ja, traurig, aber wir müssen weiter), dann rollen wir nordostwärts Richtung Ostseeküste. Bei Örnsköldsvik treffen wir wieder auf die Nordkap-Schnellroute E4. Um den Abstecher nach Jämtland wieder etwas wettzumachen, fahren wir heute eine längere Tagesetappe, passieren Umeå (auf weitläufiger Ratter-Ruckel-Holperstrecke, weil die hier die komplette E4 aufgerissen haben und neu machen) und landen schließlich gegen 21.30 Uhr am Killingsands Havsbad, einer schönen Sandstrandbucht mit Nadelwaldgebiet dahinter. Wir probieren erst den normalen Schmal-Parkplatz für PKW aus, wo aber schon drei Womos und Vans stehen.
Dann entscheiden wir uns nach einem ersten Erkundungsspaziergang zum Strand (vorbei an einer Service-Holzhütte mit Dusche und Trockenklo) aber doch für den größeren Camper- Parkplatz auf der anderen Seite der Bucht (ebenfalls mit naturnahen Service-Hüttchen Plus Feuerstellen). Mit Aussicht auf den See lassen wir den Tag im Womo schwinden.
17. August – Tag 4
Abfahrt: 9.35 Uhr | Tagesstrecke: 752 km
So! Wenn man schon Sandstrand und Ostsee nahezu direkt vor der Womo-Tür hat und eh noch unter die Dusche will, muss man das nutzen. Blauwal-Haut (=Neopren-Shorty) übergestreift und mutig in die frischen Fluten gestürzt. Wozu man allerdings erst mal eine Weile durchs Wasser marschieren muss.
Ganz schön flach hier. Aber für ein paar Schwimmzüge zum Erfrischen reicht’s. Danach schnell noch ein bisschen Warmduschen, kurz was schnabuliert, noch ein bisschen das Umfeld erkundet und dann fix wieder auf die Bahn.
Kurs: Nord. Via Skellefteå, Piteå, Luleå und Råneå rollen wir weiter, zweigen am oberen Ende der Ostsee schließlich nach rechts (also Osten) und halten auf Haparanda zu, wo Schweden nahtlos in Finnland übergeht und die gleiche Stadt auf einmal Tornio heißt.
Die sonst eher unsichtbare Grenze verläuft mitten auf der Brücke über den Torneälv – und da stockt es jetzt coronabedingt. Unsere erste richtige Kontrolle mit allem Drum und Dran (Ausweis UND Covid-Impfpass UND Personenanzahl-Check). Bei uns gibt es nichts zu beanstanden. Finnland, wir kommen. Schnell fühlt es sich so an, als würden wir unseren T-Rex auf der einzigen Asphalt-Schneise überhaupt durch den Wald traben lassen. Um 15.38 Uhr (nein, halt: finnische Zeit – also schon 16.38 Uhr) treffen wir auf dem großen Parkplatz von Santa’s Village in Rovaniemi ein. Hier müssen wir einfach Halt machen, allein schon, um mal eben über den Artic Circle zu jumpen – oder, wie der Finne sagt: über den Napapiiri. Das tun wir, nachdem wir den T-Rex angebunden haben, natürlich gleich als Erstes.
Und dann schlendern wir einmal durch die Weihnachts-, Andenken- und Designshops, die noch offen haben – oder schon: Hauptsaison ist hier ja eher im Winter. Aber der Muminshop hat geöffnet. Und das ist ja schon mal was. Auch die Holzgebäude sind interessant anzuschauen. Das Weihnachtsmusik-Dauergedudel allerdings ist gewöhnungsbedürftig. Trotzdem: Von hier müssen einfach die ersten Ansichtskarten verschickt werden.
Rund anderthalb Stunden später sind wir wieder auf der Bahn – und haben kurz darauf (so nah am Weihnachtsmann-Dorf musste es ja so kommen) unsere erste Rentier-Sichtung am Wegesrand und keine halbe Stunde später schon die zweite und dritte.
Auch die Landschaft drum herum ist eindeutig Lappland. Unendliche Weiten… (wir schreiben das Jahr 2021, ein bisschen Star Trek muss sein). Aber ehrlich: Soooooo viel Landschaft auf einmal hat man selten. Und filmisch geht es auch weiter. Denn wir wollen „Einmal nach Inari“, zwar nicht zur Kursbuch-WM wie einst Joachim Król, aber der Schlenker zum Inarisee ließ sich auf dem Weg zum Nordkap ganz gut einbauen.
Gefühlt schnurgerade – aber getarnt als Berg-und-Tal-Bahn – führt die E75 durch die Kiefernwaldwildnis. Schon meditativ, aber aufmerksam muss man bleiben. Wir erinnern uns: Rentiere. Die kreuzen gern auch mal die Fahrbahn. Langsam wird es Abend. Zeit, sich was zum Übernachten zu suchen. Der von uns favorisierte Freisteh-Randparkplatz am Myössäjärvi ist leider schon von massig Campern und Womos zugestellt (wo kommen die auf einmal überall her?), also halten wir weiter auf der E-Straße auf Inari zu und finden kurz darauf einen süßen kleinen Rastplatz am Talvitupajärvi, der durch einen kleinen Waldstreifen auch noch von der Schnellstraße abgeschirmt ist. Wurde auch Zeit. Ist schon 22 Uhr. Wir spachteln ein schnelles Abendbrot und legen die mitgebrachte DVD ein (natürlich „Zugvögel – Einmal nach Inari“). Um Mitternacht machen wir noch einen kurzen Spaziergang ums Womo und zum Seeufer.
Denn komplett dunkel ist es immer noch nicht und wird es hier wohl auch nicht mehr. Schlafen klappt nach dem Tag trotzdem prima.
18. August – Tag 5
Abfahrt: 9.26 Uhr | Tagesstrecke: 373 km
Erste Station: Inari. Wirkt zwar etwas modernisierter, hat aber immer noch (ganz wie im Film) entfernt was von einer fast menschenleeren Westernstadt. Wir parken am örtlichen Supermarkt (Inarintie 45), denn einkaufen müssen wir sowieso. Danach ein paar Ansichtskarten geschrieben und eingesteckt, dann noch ein paar Schritte im Nieselregen zum Inarisee, gegen 10.25 Uhr fahren wir weiter.
Das aufgeschobene Frühstück holen wir anderthalb Stunden später nach dem Tanken in Karasjok nach. Womit wir inzwischen in Norwegen wären. Kurz hinter dem Grenzfluss Anarjohka hatte es zuvor wieder das volle Corona-Kontrollprogramm gegeben. Kurz hinter Lakselv an der E6 legen wir einen Fotostopp vor der grandiosen Kulisse des Porsangerfjordes ein.
Die will gar kein Ende nehmen, entsprechend schwer fällt das Wiederlosreißen. Aber muss ja. Das Nordkap ruft. Am Olderfjord passieren wir ein idyllisches seesamisches Gehöft, dann folgt eine abenteuerliche Felsentunnel-Durchfahrt und Klippen-Umkurvung nach der nächsten – gekrönt von 6,9 Kilometern unter Wasser durch den Nordkaptunnel auf die Insel Magerøya.
In der Nähe von Honningsvåg legen wir noch einen 25-minütigen Boxenstopp bei Nordkapp Camping ein, wo wir für 100 norwegische Kronen komplett entsorgen, Wasser tanken, Scheibenwaschwasser auffüllen und dazu auch noch allen Schmutz wegkärchern dürfen.
Frisch gestriegelt lassen wir den T-Rex gegen 16.30 Uhr dann endlich auf das Nordkap-Plateau traben. Wir haben Glück (Teil 1): Die Schranke ist offen, das Parken (und über Nacht stehen) in diesem Jahr kostenlos. Wir suchen uns ein Plätzchen zwischen den übrigen Womos (es ist ordentlich was los, aber Raumknappheit herrscht hier nicht), Mummeln uns warm ein und stromern zur „Kugel“ (also zum Nordkap-Globus, der seit 1978 dort steht).
Wir haben Glück (Teil 2): Trotz all der Nebelschwaden vorhin auf dem letzten Stück zum Ziel haben wir auf dem Plateau blauen Himmel – mit mal mehr, mal weniger Sonne dazu. Wir machen – wie alle hier – ausgiebig Fotos von allen Seiten, staunen über die Weite des Eismeeres (noch ohne Eis), die wirklich nach dem Ende der Welt aussieht (obwohl Spitzbergen und Nordpol noch dahinter liegen). Langsam zieht es nun aber zu. Wir ziehen uns ins Womo zurück auf einem heißen Kakao und überlegen, ob wir uns die Nordkap-Halle (Eintritt 269 Kronen pro Person) und eine Mitgliedschaft im Royal North Cape Club (weitere 175 Kronen) gönnen. Der Entschluss muss noch reifen, also erst mal eine Runde Chillen mit dem Panorama vor der Nase. Später treibt uns der aufreißende Wolkenhimmel noch mal hinaus zum Globus. Tolles Abendrot nach dem Abendbrot. Glück Teil 3.
Das teilen wir mit einem weiteren Pulk Abendspaziergänger, die gerade aus allen Löchern zu kommen scheinen. Ist aber auch ein tolles Farbspektakel.
Anschließend halten wir noch ein Schwätzchen mit unserem Berliner Steh-Nachbarn, der uns vom Atlanterhavsveien vorschwärmt (merken wir uns mal für die Zukunft), dann treibt uns der stetig weiter zunehmende Wind zur Nachtruhe ins Wohnmobil. Ruhe ist allerdings das falsche Wort. Es wird eine ziemlich durchgerüttelte Nacht mit Windgeschwindigkeiten zwischen 44 und 49 km/h.
19. August – Tag 6
Abfahrt: 14.30 Uhr | Tagesstrecke: 211 km
Nach der nächtlichen Rüttelei schlafen wir mal ein bisschen aus. Um 10.40 Uhr ist ein erneuter Spaziergang zum Nordkap-Globus fällig. Diesmal in dichtem Nebel. Alles, was wir am Tag zuvor noch gesehen haben, wirkt auf einmal wie vom Erdboden verschluckt. Macht nix. Wir schleichen einmal um die „Kugel“, dann noch mal ums Gebäude und wollen jetzt doch mal erkunden, was die Nordkap-Halle zu bieten hat.
Nach dem „Einlass-Check“ entern wir (frisch etikettiert mit den Eintrittsstickern) als Erstes den riesigen Souvenir-Shop, bevor die Reisebus-Horden kommen. Der erste Schwung mit baltischen Touristen ist nämlich schon da, aber zum Glück erst mal im Kinosaal abgetaucht. Wir suchen in Ruhe aus, bringen die Mitbringsel eben noch schnell ins Wohnmobil und besuchen dann die unteren Geschosse im massiven Fels des Nordkap-Plateaus.
Dort schauen wir uns die Dioramen zur Geschichte an und die St. Johannes-Kapelle (die nördlichste der Welt), dazu läuft meditative „Officium“-Musik von Jan Garbarek und dem Hilliard Ensemble. Schön zum Tempo-Rausnehmen. Doch nun beginnt die nächste Nordkap-Filmvorführung.
Schöne Panorama-Aufnahmen im Wandel der Jahreszeiten auf drei Leinwänden gleichzeitig. 15 Minuten dauert die Vorstellung. Danach wandeln wir weiter durch die unterirdische Grotte, werfen einen kurzen Blick ins Thai-Museum mit historischen Fotografien vom Besuch des Siam-Königs Chulalongkorn (Rama V. der Große) in Norwegen 1907. Der war ja auch schon mal 1897 in Stockholm wegen der Weltausstellung – und in dem Zusammenhang dann auch noch in Utanede in der Nähe des Döda Fallet (wir erinnern uns…), um sich über die schwedische Holzindustrie schlau zu machen. Also: Der verfolgt uns!
Am Ende der Grotte „lauert“ dann noch eine Neuheit im Nordkap-Hallenland: eine sechsminütige Licht- und Sound-Show inklusive Nordlicht-Simulation. Wir gondeln noch ein bisschen in der Halle herum, testen die Toiletten und schauen uns den Nordkap-Film noch einmal an.
Zurück am Womo, wollen die Ansichtskarten geschrieben werden. Zwar hat das Nordkap-Postamt geschlossen, zum Glück steht in der Halle vor dem Touri-Shop aber ein offizieller Postkasten mit Nordkap-Stempel-Garantie. Noch eine letzte Runde, denken wir – und entdecken tatsächlich noch eine kleine Ausstellungsecke, die wir vorhin übersehen hatten. Ein paar Foto- und Texttafeln informieren über die Schlacht vorm Nordkap.
Dort wurde im Zweiten Weltkrieg die „Scharnhorst“ versenkt, die in Wilhelmshaven gebaut worden war. Eine nicht so schöne Verbindung zu unserer Heimat. Doch unrühmliche Weltkriegsgeschichten werden uns auf dieser Reise noch öfter begegnen. Nun aber wird es Zeit für den Aufbruch. Es ist 14.30 Uhr und der Nebel weiterhin dicht. Aber per Schleichfahrt geht’s. Kurve um Kurve, Tunnel um Tunnel (und Baustelle um Baustelle) mäandern wir zurück aufs echte Festland, biegen dann rechts ab und rollen gegen 17.50 Uhr auf unserem nächsten Übernachtungsplatz ein.
Der befindet sich ein Stückchen vor Alta auf dem Parkplatz eines Freizeitgeländes mit Badeplatz (Latharistranda). Nett, hübsch, ruhig.
20. August – Tag 7
Abfahrt: 9.56 Uhr | Tagesstrecke: 272 km
Heute ist unser persönlicher Weltkulturerbe-Tag! Nach einem Morgenspaziergang über das Freizeitgelände begeben wir uns nach Alta, der zweitnördlichsten Stadt der Welt.
Unser Ziel ist aber nicht das Stadtzentrum, sondern das riesige Gelände mit den Felsritzungen in Hjemmeluft am Altafjord.
Im dortigen Museum bekommen wir neben den Eintrittskarten zum Unesco-Weltkulturerbe noch einen Link für einen Smartphone-Audioguide, der uns prima von Station zu Station lotst und uns die Felsritzungen wirklich anschaulich näherbringt. Wir gehen den kompletten Drei-Kilometer-Rundweg, erst zu den rot nachgemalten Ritzungen, dann zu den „rohen“. Toll in der Landschaft verteilt und mit Holzstegen verbunden, dazwischen noch ein Schauhäuschen mit alten Booten und – noch wichtiger – einer Toilette.
Zurück im Museum, wird der Shop geentert (ein Magnet und ein Keksausstecher in Eisbären-Form müssen mit), danach die Museumsausstellung und zum Schluss das kleine Café samt Panoramablick auf den Fjord. Schwuppdiwupp sind vier Stunden herum. Wir schwenken wieder auf die E6 und fahren „immer an der Wand lang“ (=am Wasser). Kurz hinterm Tunnel in Talvik sichten wir eine komfortable Womo-Entsorgungsstation, die zur Benutzung herausfordert. Gegen 15 Uhr setzen wir unsere Fahrt zunächst auf der E6 fort, machen dann aber einen Schwenk Richtung Saltnes/Jøkelfjord. Wir folgen der Stichstraße (ab Saltnesveien) bis zum Ende, wo ein kleiner Wanderparkpkatz direkt am Fjord liegt.
Dort steigen wir auf die Wanderschuhe um und folgen dem Schild „Best View 200m“ in die Natur (sprich: über Stock und Stein, durch Gestrüpp und Matsch).
Aber das lohnt sich: Wir sehen unseren ersten Gletscher, in diesem Fall einen Teil des Øksfjordjøkelen bzw. zwei Teile (oben den Isfjordjøkelen, etwas darunter den Nerisen-Gletscher). Gegen 16.25 Uhr geht’s weiter, zurück zum Saltnesveien und von dort wieder zur E6. Über Alteidet, Burfjord, Sørstraumen und Straumfjordnes machen wir weiter Strecke. Klingt nach Durchrasen, ist es aber nicht. Stattdessen genießen wir das grandiose Panorama, das am Ende auch noch mit den Lyngenalpen aufwartet.
Zur besten „Sendezeit“ (=20.15 Uhr) schlagen wir unser Nachtlager spontan auf einem Parkplatz am „Nordlysveien“ (Nordlichtweg) Höhe Lyngenfjord/Storfjord auf, zwischen Skibotn und Elsnes. Der Platz liegt etwas zurückgesetzt von der E6, der Straßenlärm ist verkraftbar und übertönt auch nicht das Schwappen des Fjordes.
21. August – Tag 8
Abfahrt: 10.36 Uhr | Tagesstrecke: 239 km
Heute ist mal wieder Ausschlafen angesagt, danach ein ausgiebiges Frühstück und eine kurze Fotorunde am Picknickplatz. Ach ja. Wie hieß es noch im „Per Anhalter durch die Galaxis“-Reiseführer von Douglas Adams? Norwegen ist eigentlich ein Werk des Planetenbaumeisters Slartibartfast, der für die Fjorde sogar einen Designpreis bekommen hat. Da müssen wir mehr von sehen.
Unser erstes offizielles Zwischenziel heißt Salmenes Fyr (hübsches kleines Leuchtfeuer mit rotem Hut, sieht fast aus wie eine entfernte Miniaturausgabe des Muminturms), der sehr dekorativ auf einer Landzunge im Lyngen steht.
Ganz klar! Ein Designer-Werk! Auf dem Weg dorthin „schiebt“ sich aber noch ein anderes Spazierziel dazwischen: die Stromschnellen bei Elsnes Bro.
Danach gibt es wieder mehr Auslauf für unseren T-Rex – Kurs: Tromsö. Gegen 12.30 Uhr treffen wir am ersten Parkplatz auf unserer Liste ein, einem ehemaligen Sportplatz ganz in der Nähe der Eismeerkathedrale. Der ist aber leider „zugesperrt“. Der Einfachheit halber weichen wir auf die andere Straßenseite aus, wo sich ein großer Gäste-Parkplatz für die frisch errichtete Senioren-Wohnanlage ausbreitet. Wirkt alles noch nicht ganz fertig und ausgelastet, also wagen wir’s und binden den T-Rex an Ort und Stelle an.
Ein bisschen Zeit müssen wir aber noch herum bringen. Erst ab 14 Uhr ist die Kirche für Besichtigungen geöffnet. Also genießen wir erst einmal die Aussicht auf die Brücke „Tromsøbroa“, die über den Tromsøysund zum Stadtzentrum auf der Insel Tromsøya führt. Zeitgleich treffen immer mehr aufgebrezelte Besucher ein – vom „Bonbonpapier“-Kostüm bis zur Sami-Tracht. Offensichtlich Gäste einer Hochzeit, die wohl gleich in der Eismeerkathedrale stattfindet. Könnte knapp werden mit der Touri-Tour ab 14 Uhr.
Aber die Sonne scheint, und es gibt genug zu gucken – zum Beispiel das Einlaufen des Hurtigruten-Schiffs „Polarlys“. Währenddessen ist die Hochzeitsgesellschaft komplett und die Trauung drinnen im vollen Gange. Den Sekt-Umtrunk mit Abschlussfoto und Seifenblasen-Pistolen draußen vor der Kirche verfolgen wir auch noch mit, dann dürfen wir endlich hinein (Eintritt: 55 NOK pro Person).
Die schlichte Eisschollen-Architektur hat was, dazu das größte Glasmosaikfenster Europas. Toll. Eine Führung auf Deutsch gibt es auch noch, die einem noch einmal ganz andere Perspektiven auf das Bauwerk eröffnet. Wie im Handumdrehen sind zwei Stunden vorbei. Wir schnappen uns den T-Rex, drehen noch eine kleine Tromsö-Runde über die Brücke, zum Hafen, noch mal über die Brücke mit Schleife um die Kathedrale und ein letztes Mal über die Brücke, um dann über Kvaløya auf der 862 weiterzufahren.
Einmal rundherum um die Insel. Bei Skavberget bewundern wir weitere Felsritzungen am Wegesrand, entstanden 2000 bis 4500 Jahre vor Christus. Gegen 18.30 Uhr schauen wir mal, ob uns der Parkplatz am früheren Fähranleger Larseng als Übernachtungsplatz zusagt. Tut er.
Unser Abendspaziergang führt uns auf die Beton-Überreste der Anlegestelle, wo – wie der Blick ins klare Wasser verrät – aber nur noch Seeigel anlegen. Das aber zuhauf.
22. August – Tag 9
Abfahrt: 10.20 Uhr | Tagesstrecke: 226 km
Auch heute brechen wir eher gemütlich auf, diesmal aber ohne Frühstück, weil wir uns dafür ein Extra-Plätzchen suchen wollen. Das finden wir gut eine Stunde später hinter Mortenshals am Malangsfjord. Also wird das Frühstück eher zum Brunch. Über Nordfjordbotn und Bardufoss erreichen wir anderthalb Stunden später Norwegens schönsten Wasserfall (laut Radiohörer-Abstimmung): Målselvfossen.
Auf jeden Fall ist es ein ganz schön breiter Wasserfall, wie wir feststellen, nachdem wir uns zu Fuß vom Parkplatz am Turistsenter aus zum Fluss aufgemacht haben. Immer dem Rauschen nach… Der Pfad hinunter zum Fall schließt gleich an das kleine Hüttengebilde an. Wir gehen bis zur Fischtreppe für den Lachs, über die ein kleiner, aber stabiler Steg zu einer schönen flachfelsigen Stelle führt. Von dieser aus ist die weiß schäumende Urgewalt prima zu fotografieren. Was wir natürlich ausgiebig tun.
Ehe wir uns versehen, ist eine Stunde herum. Zeit für die Weiterfahrt, schließlich wollen wir heute auf jeden Fall noch bis Narvik kommen. Zur besten Afternoon-Teezeit rollen wir auf den ersten möglichen Stehplatz auf unserer Liste, gleich vor dem Idretts Hus (Haus des Sports) und recht zentrumsnah. Aber wir wollen noch den zweiten kostenlosen Platz ausprobieren. Der liegt nach kurviger Fahrt direkt hinterm Stadion und bietet einen schönen Ausblick in die Landschaft vor der Stadt.
Aber wir wollen zu Fuß in die Ortsmitte, also kurven wir zurück zu Platz 1. Dann spazieren wir los, machen noch einen kleinen Umweg zur großen Steinkirche von 1925, bevor wir das Zentrum aufs Korn nehmen. Am Kriegsmuseum (offen bis 18 Uhr, für einen Besuch ist es also zu knapp) vorbei, streben wir ans Wasser (zum Ofotfjord mit Erzverladehafen).
Noch ein bisschen Schaufensterbummel, Skulpturengucken und ein Zwischenstopp beim Burgerbräter, dann zieht es uns wieder zum Wohnmobil. Denn jetzt wollen wir Narvik noch mal von oben sehen. Um 19.30 Uhr lassen wir den T-Rex auf den Hausberg (Fagernesfjell) los. Allerdings lassen wir die Gondelstation rechts liegen. Unser Ziel ist der Geysir. Kein echter. Gemeint ist die große Wasserspritze am Kraftwerk, die zweimal am Tag eine hohe Wasserfontäne loslassen soll.
Für die 21-Uhr-Spritzung wären wir bereit, genießen bis dahin aber erst einmal die wunderschöne Aussicht über die Stadt am Fjord und den sich langsam verfärbenden Himmel darüber. Von hier aus könnte man auch einen der ausgeschilderten Wander- und Joggingwege nehmen, aber wir begnügen uns mit einem kleinen Rundgang zum Plateau mit den Erklärschildern zum Geysir und zur Kriegshistorie, die uns in dieser Gegend auf Schritt und Tritt begleitet. Kein Wunder, fand hier doch 1940 im Zweiten Weltkrieg die Schlacht um Narvik statt. Die begann mit der überfallartigen Invasion der Nationalsozialisten am 9. April und dauerte zwei Monate. In der Schlacht um Narvik erlitt die Wehrmacht ihre erste Niederlage des Krieges. Angelandete alliierte Truppen waren siegreich und schon dabei, die deutschen Truppen abzudrängen, als die Kriegslage im Westen eine Rückverlegung des alliierten Expeditionscorps nach Frankreich notwendig machte. Erst am 9. Juni konnten die deutschen Truppen Narvik wiedererobern. Norwegen kapitulierte am 10. Juni 1940, als der deutsche Sieg im Westfeldzug absehbar war. Ja, alles nicht schön. Aber diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Der Spritz-Zeitpunkt 21 Uhr allerdings jetzt auch und nix ist passiert.
Wir setzen uns ins Womo, durchforsten das Netz und finden schließlich beim Social Media-Auftritt von Nordkraft einen Eintrag, dass die Geysir-Saison just beendet wurde, weil die Winterwartung ansteht. Schade.
Aber der Ausflug in die Höhe hat sich trotzdem gelohnt. Wir schicken den T-Rex wieder ins Tal, checken noch den Parkplatz am Badeplatz Ornesvika auf seine Übernachtungstauglichkeit, aber die dort abgestellten Baumaschinen und der matschige Untergrund erscheinen uns nicht sehr einladend. Obwohl der Badeplatz selbst mit überdimensionalem Strandstuhl, großzügiger Grasfläche und Badesteg mit Sprungturm einen guten Eindruck macht, ziehen wir weiter. Ist zwar schon 21.45 Uhr, aber da müssen wir jetzt durch. Und so finden wir uns ganz spontan und unversehens am späten Ende dieses Tages auf der Inselgruppe der Vesterålen wieder, die über die Europastraße fährfrei mit der Region Narvik verbunden sind. Jetzt gucken wir mal, dass wir noch ein gutes Stück Richtung Andøya kommen, weil es dort am nächsten Tag die Chance auf eine Wal-Safari gibt.
Wir schaffen es noch über die imposant und schick erleuchtete Tjeldsund-Brücke und finden gegen 23.30 Uhr einen etwas versteckt am Kong Olavs Vei (E10) liegenden Rastplatz umgeben von Gebüsch und Natur. Irgendwo bei Austre Kanstad.
23. August – Tag 10
Abfahrt: 7.17 Uhr | Tagesstrecke: 275 km
Heute geht es extrafrüh los, denn wir wollen ganz bis an die Nordspitze der Vesterålen-Insel Andøya.
Um kurz nach 10 Uhr treffen wir in Andenes ein. Wir parken an der „Whale Safari“-Station am Leuchtturm (dem höchsten Norwegens) – gleich neben einem Womo aus Leer (die Welt ist klein).
Husch-husch geht’s zur Wal-Rezeption. Und wir haben Glück. Auf der 11-Uhr-Tour sind noch ein paar Plätze frei. Die schon gestartete Inklusiv-Museumsführung können wir später hinten dranhängen, erklärt uns der deutsche Mitarbeiter Gordon. Also: gebucht! Im Womo werfen wir uns mehrere Lagen warme Klamotten über, schnappen Kamera, Rucksack und Masken und stehen pünktlich um 10.45 Uhr am Anleger hinter der Safari-Station. Dort warten schon andere, darunter auch ein Vater mit Sohn aus dem Landkreis Osterholz bei Bremen. Heute scheint der Tag der Norddeutschen zu sein. Dann geht es an Bord (mit Maske auf, wie gefordert). Wir suchen uns ein Plätzchen auf dem erhöhten Vorderdeck und erhalten (während die MS Reine um 11 Uhr gemächlich lostuckert, was man dank der besonders walfreundlichen Motoren fast gar nicht hört) Sicherheitsanweisungen vom dreisprachigen Bord-Team. Dazu gehört auch der für uns äußerst willkommene Hinweis auf eine kleine Selbstversorgungsstation mit Tee- und Kaffee-Zapftanks plus Keksschüssel.
Dann heißt es gut festhalten, denn nun muss das Schiff einige besonders hochwellige Wellen „erklimmen“. Immer weiter hinaus geht es – an den Rand des Sockels vor Andenes, wo es 1000 Meter steil hinab in die Tiefsee geht. Nicht für uns, aber für die Wale, die hier unten viele Kalmare finden. Das erhöht natürlich die Trefferquote in Sachen Wal-Sichtungen. Mit dem Hydrophon forscht der Schiffskapitän nach Klicklauten, die von den hier jagenden Pottwalen abgesondert werden. Zwei Individuen werden kurz darauf geortet. Die gehen wir nun suchen.
Und tatsächlich sichten wir am Horizont ein Wassergebläse, dann noch mal. Einen Wal haben wir also schon mal im Visier. Das Schiff drosselt die Motoren, damit wirklich nichts stört, und schwappt sachte näher auf die Fontänen zu. Kameras klicken, klicken und klicken. Fünf bis zehn Minuten bleibt der Wal – wie erwartet ein Pottwal – zum Luftholen an der Oberfläche. Als er sich anschickt, wieder abzutauchen, sieht man geradezu, wie er „Anlauf“ nimmt. An der Art, wie er den Rücken krümmt. Doch zur Vorsicht sagt einer der Safari-Mitarbeiter das auch noch mal für diejenigen an, die die dekorative Schwanzflosse sonst verpassen würden: „He’s diving!“
Klick-klick-klick machen die Kameras. Jetzt könnte man annehmen, dass die Safari-Leute sagen: „So! Wal-Versprechen eingelöst! Ab nach Hause!“ Doch nee-nee-nee! Jetzt nehmen wir Wal Nummer zwei aufs Korn. An Potti2 kommen wir sogar noch näher heran – aber immer noch weit genug ab, um ihn nicht zu stressen.
Auch bei den Menschen an Bord ist die Crew sehr aufmerksam. Regelmäßig geht wer herum, um die Leute ans Masketragen zu erinnern und sich zu erkundigen, ob jemand seekrank ist und es den Kindern gutgeht. Und für Fragen steht die Crew auch ständig parat.
Oben im „Ausguck“ sitzt der Kapitän und lauscht weiter mit dem Unterwasser-Mikrofon (übrigens genau der, den wir zwei Tage zuvor noch im hr-Fernsehen gesehen haben, in der Sendung „Norwegens Traumstraßen“ oder so). Zwischendurch taucht (leider zu schnell, um ihn wirklich zu sehen) ein Zwergwal auf und gleich wieder ab. Dann besuchen wir noch mal Wal Nummer 1.
Schon majestätisch, diese Geschöpfe – das Gefühl überträgt sich. Keiner an Bord johlt, ruft oder klatscht (wie bei der Landung im Flugzeug etwa). Und dass es gleich dreifach mit einer Walsichtung geklappt hat…toll, toll, toll! Die Walgarantie-Regelung (bei Nicht-Sichtung die nächste Tour gratis oder Geld zurück) muss also nicht greifen. Langsam machen wir uns auf die Rücktour. Nach so viel Durchgepustet-Werden und Dauer-Seegang tut die derweil angebotene Gemüsebrühe mit Brötchen gleich doppelt gut. Fast 3,5 Stunden nach Inseestechen sind wir wieder in Andenes. Wir schmeißen unsere warmen Klamotten wieder ins Womo und besuchen ein weiteres Mal die Rezeption, um uns unsere Museumsführung „abzuholen“. Mit Gordon geht es zuerst zum Skelett eines vor Jahren tot angespülten Pottwals, dann in die weiteren Erklärräume.
Wir lernen einiges über Walanatomie und -gewohnheiten, über moderne Gefahren für die Meeressäuger und wissen nun, dass nur Bartenwale per Gesang kommunizieren. Zahnwale (wie der Pottwal) machen Klicklaute. Während die anderen aus der Besuchsgruppe nun ihre Sachen für die Bootstour holen, drehen wir noch eine einsame Runde durchs Museum, jagen im Shop erfolgreich Ansichtskarten und Kühlschrankmagneten und legen eine Schreibrunde im Wohnmobil ein. Aber nur kurz.
Weil das Licht gerade so herrlich über die Landschaft huscht, ist eine Fotopirsch rund um den Leuchtturm praktisch Pflicht. Grandios, diese wuchtig-grazilen Felsturm-Berge rundherum. Dann allerdings erinnert uns der T-Rex daran, dass sein Diesel- und Gasvorrat zur Neige geht. Bei der einzigen Tankstelle am Ort gibt es aber kein Gas zu tanken. Man weist uns auf den Hauptort Sortland hin. Schweren Herzens verabschieden wir uns von dem Gedanken, in Andenes über Nacht zu stehen und steuern wieder südwärts, diesmal aber auf der westlichen Küstenstrecke, die Teil der nationalen Touristenrouten mit ihren tollen Ausblicken (Norwegian Scenic Routes) ist.
Uns erwartet ein schön geschwungenen Küstenweg vorbei am Space Center Andøya und ein paar Kurven später vorbei am obligatorischen (und auf den Touristenrouten immer wieder anders designten) Sonderausguck.
Nach gut einer Stunde sind wir in der aufstrebenden Insel-Metropole Sortland, die sich irgendwann als Werbegag mal den Namen „Blaue Stadt“ gegeben hat. Deshalb sind hier nun alle möglichen Häuser, Bänke und sonstiges Stadt-Möbel blau angemalt. Die zentrale Mehrzweck-Sporthalle (schon von ordentlichem Kaliber, weil der Ort das höchste Bevölkerungswachstum Nordnorwegens hat) heißt entsprechend „Blåbyhallen“ und ist natürlich auch blau. Wir machen einen Schwenk zum Gashändler, den wir zwischenzeitlich im Womo-Reiseführer und im Internet gefunden haben: Varmeservice, Markveien 23. Dort stellen wir fest, dass die im Buch angegebene Öffnungszeit bis 15.30 Uhr noch stimmt – also schon geschlossen ist. Daher beschließen wir, uns in Sortland einen Übernachtungsplatz zu suchen. Rasch finden wir die beiden kommunalen Gratis-Stellplätze, die aber eher nüchtern-urban denn idyllisch daherkommen. Gewerbegebiet eben. Der hintere ist dafür nigelnagelneu. Aber wir starten noch einen dritten Anlauf. Einmal um die Ecke gekurvt, und schon stehen wir am Ende einer Stichstraße schräg hinter der Feuerwehr und halb in der Natur mit Blick aufs Wasser. Wir platzieren uns auf dem Sackgassen-Platz so, dass wir niemandem im Weg stehen und beim Abendbrot bequem auf den Sortlandsund gucken können.
Hier käme gegen 3 Uhr in der Nacht das Hurtigruten-Schiff vorbei. Aber so lange halten wir nicht durch. Außerdem rauscht der (zugegebenermaßen recht idyllisch anmutende) Kanalisationszufluss etwas laut an unserer rollenden Koje vorbei. Zur Schlafenszeit parken wir daher auf dem neueren der offiziellen Stellplätze um und verbringen dort eine erholsame Nacht.
24. August – Tag 11
Abfahrt: 9.04 Uhr | Tagesstrecke: 255 km
Mit Gas-Tanken starten wir den Tag. Gegen 9.30 Uhr verlassen wir Sortland.
Bei Evenes an der E10 (Kong Olavs vei) legen wir zwei Stunden danach eine Rast für ein ausgiebiges „Spätstück“ ein. So gestärkt geht es weiter – Kurs: Schweden!
Am frühen Nachmittag passieren wir via Bjørnfjell und kurz vor dem Skiort Riksgränsen die Grenze, erstaunlicherweise komplett corona-kontrollfrei. Gegen 14.45 Uhr legen wir eine Guckpause in Abisko ein. Wir finden einen gerade ausreichend langen Längsparkstreifen am Naturum – praktisch mit Blick auf das berühmte „U“ in der Landschaft: Lappporten.
Im Naturum schauen wir uns die naturkundliche Ausstellung an und testen das WC (topp!). Theoretisch könnten wir noch von der anderen Seite der E10 aus (dort befindet sich ein Langzeitparkplatz mit größeren Stellflächen) per Seilbahn zur Aurora Sky Station hochfahren. Doch wir passen. Zu schmuddeliges Wetter für einen prima Ausguck. Stattdessen schicken wir den T-Rex wieder in die Spur und lassen ihn durch weitbergige Landschaft mit Erzbahn-Flankierung bis zum Rastplatz Pessisjåkka kurz vor Kaisepakte fahren. Die dortige Reisemüllstation quillt zwar schon über, aber auf der geräumigen Fläche ist genügend Platz zum Übernacht-Stehen (was hier offenbar noch einige andere Camper und Angel-Ausflügler vorhaben). Es gibt ein Toilettenhäuschen und Richtung Fluss (Torneträsk) sogar eine robuste Unterschlupf-Hütte und ein lichtes Wäldchen mit Picknick-Stellen.
Allerdings ist es hier auch ziemlich mückig. Doch Autan sei Dank (und wegen der schon weitgehend beendeten Beißsaison) kommen wir ohne Stiche davon. Nach dem Erkundungsgang gönnen wir uns erst mal ein Milchreis-Gelage und hängen ein bisschen herum. Weil der Regen aber partout nicht aufhören will, sondern sogar noch zunimmt, werfen wir uns Regenhose und Windjacke über und tappen noch mal zum Torneträsk, aber diesmal die ganze Böschung hinunter bis zum Ufer. Dort haben Freiluftfans eine Menge Steinmännchen in die Landschaft gestapelt.
Wir reihen uns in die Riege der Baumeister mit ein. Danach nutzen wir ausgiebig aus, dass wir Gummistiefel tragen und patschen durch die kieseligen Flachwasserzonen. Ganz verlassen ist das Ufer nicht. Auf einem breiteren Uferstreifen unterhalb der Böschung stehen improvisierte Fischerhüttchen und ein gestrandeter Schnee-Scooter.
Wir sehen uns noch ein bisschen länger um, dann wird es Zeit zum Trockenlegen und für einen gemütlichen Abend im T-Rex.
25. August – Tag 12
Abfahrt: 9.55 Uhr | Tagesstrecke: 209 km
Heute hat auch unser T-Rex mal wieder eine Morgentoilette nötig. Dank der guten Rastplatz-Ausstattung ist das schnell erledigt und wir können unserem nächsten Ziel entgegentraben: Kiruna. Knapp eine Stunde später parken wir schon auf dem großen zentralen Parkplatz gegenüber der Kirche.
Nach kurzem Spaziergang befinden wir uns auch schon im alten Zentrum, das allerdings bereits Auflösungserscheinungen aufweist. Denn spätestens 2040 soll die komplette Stadt drei Kilometer ostwärts verrückt sein. Damit Platz für den weiteren Eisenerz-Abbau ist.
An teils verlassenen, teils altmodisch dekorierten Läden gondeln wir umher und landen schließlich im Folkets Hus mit Touri-Info, Kino, Souvenirverkauf, Outdoor-Klamotten-Lagerabverkauf plus lustigem Aufbau für ein „Space-Foto“. Immerhin befindet sich hier in der Nähe ein Weltraumzentrum. Seit Mitte der 60er Jahre starten von hier aus Forschungsraketen und Stratosphärenballons in den Orbit. Auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt nutzt den Weltraumbahnhof und bringt von dort aus Raketen mit Experimenten unter Schwerelosigkeit ins All. Uns dagegen zieht es nun ins Mini-Einkaufszentrum mit Ausstellung über den Stadt-Umzug und „Keller“-Cafeteria, die uns einen dringend benötigten Smörgås-Imbiss beschert. Den Kaffee samt Keksen bekommen wir freundlicherweise gratis dazu. Wie nett! So gesättigt, können wir den Aussichts-Hausberg von Kiruna in Angriff nehmen, den Luossavaara. Mit dem Wohnmobil geht es auf holprigem Weg fast bis ganz oben zur Skilift-Station, die gerade neu eingerichtet wird.
Ein Spezial-Mechaniker in Bergsteiger-Montur – dem Akzent nach Franzose – ist dort kletternd am arbeiten. Wir genießen derweil den superschönen Rundblick über die nördlichste Stadt Schwedens, das Erz-Abbaugebiet und die schier endlose Natur umzu mit Seen, Wald und dem Kebnekaise am Horizont. Schwupps, ist eine Stunde herum.
Wir reißen uns schweren Herzens los, denn wir müssen noch einkaufen. Erst plündern wir den örtlichen ICA Stormarknad, dann bummeln wir gemütlich durch den Clas Ohlson nebenan. Am späten Nachmittag geht es wieder auf die Piste zur E10 Richtung Luleå. Nach kurzer Fahrt verlockt uns ein großer See (mit Holzhütten-Floß in der Mitte) am Wegesrand zum Abzweigen. Navi-Adresse: Alttajärvivägen (südlich von Jukkasjärvi). Wir finden einen prima Platz zum Picknicken. Dort stellen wir uns quer zum Ufer, kochen Tee und packen die beim ICA frisch gefangenen Wiener-Bröd-Stücke aus.
Doch übernachten wollen wir woanders. Kurz nach dem Wiederanrollen sichten wir aber erst einmal den ersten Elch unserer Reise. Genauer gesagt, ist es ein wahres Monument von einer Elchkuh. Riesig und wie hingemeißelt steht sie auf einmal am Wegesrand. Für ein Foto geht alles viel zu schnell. Viel zu spät (weil wir mit einer derart nahen Nahbegegnung nie gerechnet hätten) fahren wir rechts ran und nesteln die Kamera hervor. Da trabt die „Elchin“ schon zurück ins blickdichte Gehölz, offenbar begleitet von einem Kalb, was aber wie der Blitz verschwindet. Kann man machen nix… In der Abenddämmerung treffen wir am angepeilten Lagerplatz ein: Sandviken bei Gällivare. Wir lassen uns von der (nicht ganz vertrauenswürdigen) Zufahrt nicht schrecken und landen – Überraschung! – an einem toll gestalteten und ausgerüsteten Badegelände am See. Es gibt ein „Utegym“ mit rustikalen Fitnessgeräten aus Holz. Schön verteilt auf dem Gelände stehen schützende Busch-Umrahmungen und bilden so kleine Liege-Parzellen. Gefühlt hat jede davon eine eigene Mülltonne.
Auch Sitzbänke gibt es genügend, dazu eine Feuerstelle mit Holzscheit-Kiste, Tanzpodest mit DJ-Anlage für jedermann und eine superschöne Aussicht samt Wasserflugzeugen „rechts um die Ecke“. So lässt es sich aushalten.
26. August – Tag 13
Abfahrt: 12.35 Uhr | Tagesstrecke: 291 km
Ausschlafen – See-Spaziergang – Sitzbank-Testen. So heißen unsere Disziplinen für den heutigen Dreikampf am Morgen. Entspannung pur.
Zu einer Schwimmrunde im eiskalten Wasser können wir uns aber nicht überwinden. Aber wir sind ja auch immer noch nördlich des Polarkreises. Aber nicht mehr lange. Ab jetzt geht es wieder stramm südwärts. Südlich von Jokkmokk überqueren wir den „Napapiiri“ – natürlich nicht ohne Fotostopp. Auch wenn wir vor drei Jahren schon mal hier waren.
Dafür nehmen wir nun ein komplett neues Zwischenziel ins Visier: Storforsen, die größten Stromschnellen Schwedens (wenn nicht gar Skandinaviens). Auf dem Weg dorthin kreuzen immer wieder Rentiere unsere Route, einmal auch Auerhahn und -henne.
Gegen 15.30 Uhr haben wir bereits „umgeschuht“ und spazieren zum ersten Bereich mit Kaffeestuga, Shop und Toiletten. Schon auf dem Weg dorthin hört man das Donnern und Tosen. Am Aussichtspunkt (erreichbar über barrierefreie Stege) offenbart sich die überwältigende Naturkraft dann in voller Pracht.
Über weitere Stege und glatte Felsen lässt sich das Gebiet weiter erkunden. Viele Feuerstellen laden zum Lageraufschlagen ein. Holz gibt es im Schuppen am Startpunkt, gesponsert von Sveaskogen. Was für ein Service. Nicht mal selbst hacken muss man die Scheite. Zwei Stunden verbringen wir hier. Dann ruft uns unser nächstes Ziel: „unser“ bewährter Übernachtungsplatz von der letzten Lappland-Tour an der stillgelegten Brücke am Piteälv. Leider geraten wir wegen falsch von uns zugeordneter GPS-Daten auf eine Irrfahrt mit Riesenumweg, irgendwo um den Trollforsen herum auf unmöglichen Schlaglochpisten.
Immerhin machen wir so die interessante Erfahrung, über eine gemeinsam mit der Inlandsbahn genutzte schmaaaaale Brücke zu rumpeln und haben noch ein paar fotogene Rentier-Begegnungen. Gegen 19.30 Uhr treffen wir aber doch noch am Wunschplatz ein, dem Rastplatz Ljusselforsen (nächstes Mal merken wir uns den Namen aber mal richtig!!!). Erste Maßnahme für diesmal ist ein ausgiebiger Spaziergang über die Brücke und um die Ecke zum Fricamping-Bereich.
Mehrere „Nester“ mit Elch-Losung lassen auf ein weiteres Treffen mit dem König der Wälder hoffen. Aber der oder die Urheber lassen sich nicht blicken. Zurück am Womo, stellen wir fest, dass wir nicht mehr allein auf weiter Flur sind. Wir und unser T-Rex sind umrahmt von einem Ehepaar aus Sachsen und Vater mit Sohn vom Niederrhein. Letzterer (also der Vater) hat erzählt bekommen, dass man in der Nacht eventuell Nordlichter sichten könnte, weil es vier Tage zuvor einen Sonnensturm gegeben hat. Gegen 22.30 Uhr ziehen wir uns warm an und schauen mal nach einer dunklen Ecke zum Gucken. Eine halbe Stunde später sind alle komplett (außer dem kleinen Sohnemann) auf der Brücke angetreten und starren in den Himmel. Doch obwohl Ansgar das Licht der Laternen mal eben abdreht (sprich per Zange die Sicherung losschraubt), lässt sich das Naturphänomen nicht blicken.
Der Mond scheint hell, und der aufsteigende Dunst vom schäumenden Fluss macht alles diesig. Eine Stunde lang wird tüchtig über Skandinavien-Reisen gefachsimpelt, dann treibt uns die Kälte wieder in die Womos. Man kann eben nicht immer alles haben. Stattdessen machen wir DVD-Kino. Es gibt „Dänische Delikatessen“ und dazu heißen Tee, bis die Heia lockt.
27. August – Tag 14
Abfahrt: 10.20 Uhr | Tagesstrecke: 194 km
Wir nutzen mal wieder die günstige Gelegenheit zum Wasserzapfen und Latrineleeren, dann füttern wir das Navi, winken den anderen Wohnmobilisten zu und rollen wieder auf Tour, südwärts durch Lappland. Nächster Zwischenhalt: Sorsele in der Provinz Västerbottens län. Nach dem Tanken erkunden wir das stylische Toilettenhäuschen (seeehr sauber) am Vier-Stunden-Parkplatz (mit großen Stellflächen) nahe des Inlandsbahn-Museums.
Bei Letzterem (eingerichtet im alten Stationsgebäude) ist der Eintritt frei. Ein nettes übersichtliches und doch liebevoll ausgestattetes und lehrreiches Museum mit Mini-Café. Und die kleine Shop-Ecke bietet die pure Qual der Wahl an alltagstauglichen und dabei doch auch dekorativen Souvenirs. Wir langen jedenfalls ordentlich zu. Und das Shoppen geht noch weiter – beim nächsten Halt in Storuman. Dort entern wir diesmal den Coop, wo wir die lecker-locker-knusprigen Zimtkekse finden, die uns in Kiruna zum Kaffee angeboten wurden.
Danach ist noch ein Foto vom wilden Wappenmann des Städtchens fällig, dann geht es weiter Richtung Vilhelmina. Dort in der Umgegend wollen wir nun nach einem lauschigen Badesee-Plätzchen suchen, weil der Sommer doch noch mal tüchtig aufgedreht hat. Ein Vorschlag aus dem Womo-Reiseführer (Malgoviken) ist jetzt offenbar ein Bezahlplatz, aber knapp 18 Kilometer weiter werden wir fündig. Am Sagostig bzw. schräg gegenüber auf der anderen Straßen- und Brückenseite liegt ein größerer Picknickplatz, der uns zusagt.
Dort steht bis jetzt nur ein Camper mit einem netten älteren Paar aus den Niederlanden, Henk und Marjolijn, wie wir später erfahren. Er aus Arnheim, sie aus Giethoorn. Außerdem bietet der Platz noch zwei Feuerstellen mit Bänken, eine Unterstellhütte, ein Trocken-Klo und einen Badesteg. Hier bleiben wir. Es folgt ein kleiner Erkundungsspaziergang auf die Nachbarlandzunge des Malgomaj-Sees. Auch dort steht eine Angler-Hütte mit Feuerstellen. Aber dort kann man mit dem Wohnmobil weniger geräumig stehen. Also genießen wir es, die richtige Wahl getroffen zu haben. Vor uns breitet sich ein unheimlich toller und zugleich stiller Seeblick aus. Leichtes Schwappen, blauer Himmel, Wald um zu. Ob wir mal einen Sprung ins Wasser wagen? Neopren-Shorty an… Doch mehr als bis zu den Knöchel ist heute nicht mehr drin. Dafür nutzen wir den von Vorbesuchern aufgebauten Steinring neben dem Womo für ein Lagerfeuer. Das bei Gällivare mitgenommene Holz soll schließlich nicht wieder mit nach Hause.
Mit Fleecedecken und Womo-Sitzpolster richten wir uns gemütlich ein. Henk und Marjolijn gesellen sich mit ihren Faltstühlen hinzu. Wir plauschen und tauschen Reiseerlebnisse aus, bis die Sonne ganz weg und das Feuer heruntergebrannt ist.
Tag 15: 28.08.21 – 0km 0h00
Es ist Samstag. Und wir wollen heute noch nicht weiterfahren. Was bedeutet das? Ausschlafen! Bis kurz nach 10 Uhr. Rekord auf dieser Reise. Aber irgendwann pulen wir uns aber doch aus den Federn. Nach einem leckeren Luxus-Rührei-Frühstück begeben wir uns auf den nahegelegenen Sagostig mit seinen Märchen-Darstellungen, gestaltet mit Gemälden, Holzskulpturen, Erklärtafeln, echten Fliegenpilzen und Ameisenhaufen.
Was für ein hübsches verwunschenes kleines Wäldchen mit plätscherndem Flüssen, das glitzernd zwischen den Tannenzweigen hindurchlugt.
Danach gönnen wir uns direkt am Womo ein Badesteg-Sonnenbad mit Hörbuch. Idylle pur. Irgendwann wird es schattigen und wir treten Rückzug ins Wohnmobil an. Nebenan hackt Henk Holz für seine geplante Flintsteak-Zubereitung. Entspanntes Nichtstun… Bachstelzen, Bergfinken und weitere Piepsies picken zutraulich vor dem T-Rex herum, bequem vom Fenster aus zu beobachten.
Später am Nachmittag wagen wir – nachdem die Sonne so schön fleißig aufs Wasser geschienen hat – einen zweiten Schwimm-geh-Versuch. Ansgar flutscht vom glitschigen Stehfelsen gleich hinein, noch mit der Trainingsjacke an. So nicht geplant. Aber wo man schon mal drin ist… Von der flacheren Uferzone geht es definitiv besser ins Wasser, man muss nur ein bisschen länger hineinstaksen, bis man echte Schwimmzüge machen kann. Aber diesmal wollen wir es wissen. Tatsächlich schaffen wir ein paar kleine Runden, bis die Arme dann doch „gefroren“ sind. Also schnell wieder ins Trockene.
Mit Hörbuch und Köttbullar-Abend endet ein entspannter Pausentag.
29. August – Tag 16
Abfahrt: 8.18 Uhr | Tagesstrecke: 509 km
Morgendlicher Nebel über dem See begrüßt uns zum Aufstehen um 7.30 Uhr. Wir brauchen Strom, also brechen wir die Zelte ab, klemmen noch eine Visitenkarte mit Abschiedsbrief unter die Scheibenwischer unserer niederländischen Stehnachbarn und fahren los. In Strömsund legen wir auf dem Rastplatz nahe der Brücke am Hembygdsgård einen Zwischenstopp ein.
Wir steigen aus und sagen Hallo zum Dunderklumpen um die Ecke, einem freundlichen Betonriesen, den die Schweden aus dem gleichnamigen Familienfilm kennen und lieben. Per QR-Code gibt es für das unkundige internationale Publikum die entsprechende Erleuchtung. Wir stromern noch ein bisschen über das Gelände.
Das Museumshauptgebäude hat noch geschlossen, hätte sonst aber freien Eintritt – mit Ausnahme der Ausstellung über Beppe Wolgers, dem Dunderklumpen-Erfinder, Drehbuch-Autor und Schauspieler (Pippi Langstrumpfs Vater). Das Café nebenan hat dagegen schon geöffnet, aber wir sind lebensmittel-technisch so gut versorgt, dass wir unser eigenes Picknick-Frühstück zaubern, bevor wir weiterfahren. Auf der Strecke Richtung Åre begegnen uns Fuchs und Auerhuhn am Wegesrand. In Järpen durchstöbern wir Lundhags Fabriksbutik & Outlet nach nützlicher Outdoor-Kleidung. Am Ende springen immerhin zwei schicke Schweden-Pullis dabei heraus. Weiter geht’s zum nächsten Fabrikladen – wobei: Manufaktur trifft es besser, denn wir entern Åres Chokladfabrik, die aus einem süßen kleinen Laden mit „gläserner“ Werkstatt mit kleinem Ute-Café davor besteht (superschöner Blick auf die darunter liegende Gegend).
Drinnen lauert die Qual der Wahl. Deshalb fragen wir, ob es Probierstückchen gibt. Die nette Pralinenmeisterin schnibbelt extra für uns eine Auswahl zurecht und gibt uns noch eine Empfehlung, in welcher Reihenfolge wir uns geschmacklich am besten durchprobieren. Lecker-lecker. Ein ganzes Set süßer Mitbringsel inklusive Kakao für uns selbst wandert ins Körbchen. Nun besuchen wir noch den kleinen (im Skiort ist alles etwas enger gebaut) Åre-Coop für die übrige Versorgung. Und weil wir gerade in der Gegend sind, machen wir noch einen Abstecher zum 25 Kilometer entfernten Tännfors, Schwedens größtem Wasserfall.
Vom Skywalk aus bekommen wir den Deluxe-Blick mit Regenbogen-Topping. Dann schicken wir den T-Rex mal wieder auf einen längeren Marsch – bis kurz vor Svenstavik. Die Suche nach einem geeigneten Stellplatz führt uns auf den Hoverberg, der sogar eine Wander-Ausguck-Infohütte mit ganz ordentlich Stehplatz am Rand bietet – dazu noch eine Feuerstelle mit Holzvorrat, Trockenklos weiter den Berg hoch und ganz oben (wie es sich gehört) eine Toppstuga mit Ausguckturm und Skywalk.
Von dort breitet sich ein toller 360-Grad-Blick aus! Den genießen wir, so lange die Sonne noch Kraft hat. Dann lockt ein lauschiger Abend im Womo.
30. August – Tag 17
Abfahrt: 9.32 Uhr | Tagesstrecke: 497 km
Unser erster Weg an diesem Morgen führt uns ins Zentrum von Svenstavik auf den Parkplatz gegenüber vom ICA. Denn dort befindet sich ein recht komfortables Ver- und Entsorgungshäuschen. Es folgt ein Tankstopp in Åsarna neben dem einzigen (aber dafür auch extragroßen und dazu ziemlich elch-lastigen) Hotel des Ortes.
Auf der anderen Seite der Tankstelle befindet sich das Skizentrum, in dem auch der vierfache Langlauf-Olympiasieger Thomas Wassberg die Finger (oder besser: die Skier) drin hat. Und das war’s hier eigentlich auch schon. Etwas später halten wir an einem Seitenweg der E45, um zu frühstücken. Danach sind wir bereit für weitere Besichtigungstaten.
Erst vom Fenster im Vorbeirollen aus, dann auch stationär. Die nächste Gelegenheit bietet sich mit der Gamla Kyrka von Älvros.
Hier (wir haben inzwischen Jämtland verlassen und befinden uns in Härjedalen) waren wir vor ein paar Jahren schon mal. Da war die Kirche allerdings abgeschlossen. Heute können wir endlich auch hinein.
Ein wirklich hübsches Bauwerk aus dem 16. Jahrhundert. Wir nehmen noch zwei Ansichtskarten gegen ein paar Münzen in die Kirchenkasse mit, stromern auf die andere Straßenseite und schauen uns auf dem dortigen Mini-Hembygdsgård um.
Am frühen Nachmittag reißen wir uns wieder los. Wir wollen jetzt wieder Kilometer Richtung Süden machen. Wir passieren den einen oder anderen netten Picknickplatz, halten kurz auf dem Rastplatz Johannisholm. Das WC-Häuschen ist okay. Leider ist der Zugang zum See durch einen Campingplatz versperrt. Also weiter. Punkt 20 Uhr rollen wir am stattdessen ausgeguckten Übernachtungsplatz ein, dem Angelsee Sandbäcken mit Riesen-Stehwiese in Karlstad (Värmland).
Hier lässt es sich aushalten, also bleiben wir.
31. August – Tag 18
Abfahrt: 10.10 Uhr | Tagesstrecke: 288 km
Da sich unsere Schweden-Tage langsam dem Ende zuneigen, gönnen wir uns an diesem Morgen ein echtes „Fil-Frühstück“ mit Start!-Knuspermüsli bzw. Cornflakes. Die richtige Filmjölk (eine Art flüssige Dickmilch) gibt es eben nur hier. Danach will unser Gastank aufgefüllt werden. Daher steuern wir die „Gasfyllarna“ an, die wir schon von einer früheren Nordland-Reise (da aber von einem anderen Ort) her kennen. Das Gas-Tanken (keine Selbstbedienung) ist auch hier wieder topp und unkompliziert. Was kurz vor Reiseende auch noch sein muss: ein Besuch bei Biltema (weil weit mehr als nur ein Autozubehör-Markt). Wir finden nützliche und dekorative Mitbringsel für Freizeit und Garten, nehmen noch einen Katalog mit und verspachteln in der kleinen Cafeteria ein paar „Kokta korvar med bröd“ für unschlagbare fünf Kronen das Stück. Als nächstes wartet ein letzter Supermarkt-Einkauf auf schwedischem Boden. Beim Coop im großen Einkaufszentrum Bergvik werden allerdings keine Womos mit über 2,90 m Höhe auf den Parkplatz gelassen. Doch beim Ikea nebenan geht’s. Gegen 15 Uhr sind wir versorgt und wieder on the road. Doch eine Stunde später meldet sich der Teedurst.
An einem Feuchtgebiet am Wegesrand mit Vogelturm und weidender Kuhherde finden wir das geeignete Plätzchen dazu. Natürlich will vor dem Tee der Turm erklommen sein. Dazu müssen wir uns erst über die durch Klappgatter betretbare Kuhweide wagen. Vorsichtig schieben wir uns durch Herde, die sich vor uns aber teilt wie das Rote Meer – nur eben ein bisschen widerwillig muhend.
Schon putzig. Nach Landschaftsbeschau und Teepause lassen wir unseren T-Rex wieder von der Leine. Bis zum Naturreservat Västerskog auf der Halbinsel Särö bei Kungsbacka lassen wir ihn traben. Dort rollen wir auf den etwas zugewachsenen Parkplatz am Gustaf V:s väg, wo gegen 20 Uhr genug Platz zum Längsstehen ist. Bevor die Dämmerung das Licht ausmacht, wollen wir nochmal ans Wasser. Also stromern wir gleich nach der Ankunft über den kleinen bewaldeten Berg, der uns vom Meer trennt. Auch hier steht (wie auch auf der anderen Straßenseite vom Parkplatz) die eine oder andere Holzvilla in der Botanik. Nicht gerade ein Armenviertel hier. Dann gelangen wir schließlich zum Badeplatz mit kleiner Strandpromenade und saugen das letzte Abendlicht über der Schärenbucht ein. Schööön!
Durch den Wald geht es wieder zum Parkplatz, aber jetzt wollen wir noch die andere Seite dieses Sommerfrische-Ortes erkunden. Der Weg führt uns kreuz und quer an Großvillen vorbei, die dekorativ über die Hügelterrassen des Ortes verteilt sind. Das Schwedenbrot-Abendbrot hinterher im Womo haben wir uns danach redlich erwandert.
1. September – Tag 19
Abfahrt: 8.40 Uhr | Tagesstrecke: 585 km
Heute sind wir mal wieder etwas früher dran.
Nach dem Frühstück brechen wir zeitig auf, legen gegen 10.20 Uhr einen Tankstopp bei Ängelholm ein und nehmen dann Kurs auf Malmö, Ziel: Ribersborg Strand. Da waren wir – trotz mehrfacher Malmö-Besuche – bisher noch nie. Ein eeeeeeendloser Strand mit mehreren Abschnitten und Badebrücken. Wir suchen uns einen der hinteren Abschnitte mit großem Parkpatz davor für ein längeres Päuschen aus. Und natürlich schauen wir uns die dazugehörige Badbrygga an – mit dem Turning Torso am Horizont.
Bevor wir weiterfahren, nutzen wir noch die Recyclingstation auf dem Parkplatz für eine wohlgetrennte Abfallentsorgung, dann sagen wir tschüß zu Schweden. Über die Öresundbrücke sausen wir nach Dänemark, hoppsen ohne Zwischenstopp von Seeland über Fünen nach Jütland. Dort legen wir eine letzte Ehrenrunde bei Biltema in Fredericia ein. Der Fabrikshop von Spangenborgs Schaumkuss hat um 17 Uhr leider schon zu, aber bei Biltema finden wir noch eine Dänemark-Fassadenflagge und einen Windvogel für den Garten und bunkern noch ein paar andere Nützlichkeiten, bevor es wieder auf die Bahn geht. Kurz vor der deutschen Grenze finden wir einen lauschigen Rastplatz mit weiter abseits in der Natur liegender Extra-Abteilung.
Die durch kleine Hecken abgetrennten Nischen mit Picknicktisch-Garnitur bieten locker Platz für Camper und Wohnmobil. Wir suchen uns unsere Nische aus, parken rückwärts ein, Unterlegkeile brauchen wir aber doch. Trotzdem tolle kleine Anlage – und umsonst. Muss man sich merken: Rasteplads Frøslev Vest (Padborg).
2. September – Tag 20
Abfahrt: 10.00 Uhr | Tagesstrecke: 355 km
Am letzten Tag unserer Reise haben wir es naturgemäß nicht eilig mit dem Aufbrechen. Aber sein muss es. Punkt zehn brechen wir auf, vier Stunden später (ohne Pause) sind wir wieder daheim. Ach ja! Eine schöne Reise war’s!