2024 Mai – Schweden und Norwegen bis zum Vestkapp
04.05.2024 bis 22.05.2024
Die Bilder folgen noch ! Versprochen 🙂
Tag 1 – Samstag, 4. Mai 2024
Abfahrt: 11.25 Uhr
Tachostand: 47.860 km
Reichweite: 1109 km
Gas: voll
Tank: voll
Strom: 96 Prozent
Es geht wieder los. Nachdem der Frühling viel zu lange eher ein schmuddeliger Herbst gewesen war und kaum zu Kurzausflügen am Wochenende eingeladen hatte, ist es in diesem Jahr tatsächlich das erste Mal, dass wir den T-Rex von der Leine lassen. Umso mehr kribbelt es uns schon in den Fingern (nee, eigentlich überall), endlich wieder losfahren zu können. Die beiden Weißstörche, die am Autobahnkreuz Oldenburg-Nord zufällig genau über uns kreisen, deuten wir als Winke-Winke-Abschiedskommitee. Mit solchen Begegnungen kann es gerne weitergehen… Bis zum Fahrertausch schaffen wir es in einem Rutsch und ohne größere Staus bis nach Flensburg. Auf dem (für Womos etwas kleinteilig aufgebauten) Parkplatz des Förde-Parks legen wir den dazugehörigen Zwischenstopp ein. Ein Einkauf mit ergänzenden Lebensmitteln ist auch noch drin, dann geht es wieder auf die Bahn – Kurs Dänemark und Brücken-Hopping nach Schweden. Die Strategie des strammen Fahrens zum Start geht auf: Gegen 21.15 Uhr rollen wir auf unseren ersten Übernachtungsplatz nahe Helsingborg, direkt am Öresund mit Blick auf das Hamlet-Schloss im dänischen Helsingør (wenn es denn heute nicht so diesig wäre). Hier waren wir vor zwei Jahren schon mal. Und wir sind offenbar nicht die einzigen, die diese kleine Randparkplatz-Perle von Laröd für sich entdeckt haben. Aber am Södra Kustvägen ist genug Ausweichplatz, um sich nicht gegenseitig auf die Pelle zu rücken. Auch ein paar junge einheimische Feierbiester (es ist schließlich Samstagabend) bevölkern die Umgebung, vor allem den langen Badesteg, aber das geht ziemlich gesittet zu. Gegen 23 Uhr sind auch die letzten Pkw und Sonder-Schleichfahrzeuge (erkennbar am roten Heck-Dreieck) verschwunden, und wir haben unsere Bratkartoffeln verdrückt. Noch einen Eintrag ins Fahrtenbuch, dann Abba-Musik an und Beine hoch. Angekommen im Urlaub!
Tag 2 – Sonntag, 5. Mai 2024
Abfahrt: 11.20 Uhr
Tachostand: 48.644 km
Reichweite: 728 km
Heut‘ ist Sonntag – heißt: Ausschlafen, Rührei-Frühstück, Spaziergang am Wasser. Und jetzt ist auch das Hamlet-Schloss zu sehen. Entspannte Wochenend-Ruhe mit Anglern, Picknickern, Nordic Walkern und Kurz-ins-Wasser-Springern (wohl noch etwas kalt, das nasse Verbindungsstück zur Ostsee). Irgendwann reißen wir uns los. Wir wollen ja noch weiter nordwärts bis nach Värmland. Knapp vier Stunden später steuern wir auf den Parkplatz bei der Dalaborg am Vänersee, um uns die Beine zu vertreten. Ein nettes Plätzchen haben wir da erwischt. Rabengekrächze begleitet uns auf dem Pfad zur einzigen Mittelalter-Burg von Dalsland (oder dem, was davon noch übrig ist), quer über eine ziemlich nette Picknick-Zone mit allem Drum und Dran (Tische, Bänke, Grillstellen und sogar noch einem Stapel Rest-Feuerholz). Gut eine Stunde vebringen wir hier mit traumhaftem Seeblick. Auf der Weiterfahrt kommen wir an einer supertollen Äggbod (Eierbude an einem Bauernhof) vorbei – Bråna Gårdsägg, geöffnet: täglich 6 bis 22 Uhr. Leider haben wir nicht genügend Schweden-Bares dabei, um eine ganze Eier-Palette (Mindestabnahme) mitreisen zu lassen und mit der Swish-App können wir mangels eines schwedischen Bankkontos auch nicht zahlen. Also bleibt es bei der reinen Besichtigung. Keine Dreiviertelstunde später sind wir zwar immer noch nicht in Värmland, stehen dafür aber am immer wieder schön anzusehenden Håverud Aquädukt. Die Kanalboot-Saison hat zwar noch nicht begonnen und das Infozentrum schon zu, dafür können wir in vollkommener Ruhe und Idylle auf dem Gelände herumspazieren. Zur Hochsaison dagegen stapeln sich hier die Bustour-Ladungen. Auf dem zentralen Sammelparkplatz von Håverud darf man allerdings nicht über Nacht stehen bleiben, deshalb parken wir noch mal um. Der Rastplatz „oben“ an der Brücke über dem Aquädukt sieht vielversprechend aus. Dort bekommen wir noch zwei-, dreimal Gesellschaft von kurz pausierenden Autofahrern (darunter ein lustiger Mann mit Rocker-Bart und Mini-Hund in einem Straßenschlitten im Style der California Highway Patrol), danach haben wir den Platz für uns. Perfekt! Später rauscht zwar strömender Regen heran, ansonsten aber ist es in der Nacht erstaunlich still am Aquäduktvägen.
Tag 3 – Montag, 6. Mai 2024
Abfahrt: 9.45 Uhr
Tachostand: 49.022 km
Reichweite: 280 km
Frühstück mit Aussicht hinunter aufs Aquädukt. Kann der Tag besser beginnen? Aber irgendwann ist auch mal aufgemampft. Und das nächste Ziel wartet schon: die Felsritzungen von Högsbyn am Råvarp-See, nur knapp 20 Minuten Autofahrt entfernt. Wir mäandern auf schmalen Wegen zum recht großzügigen Wanderparkplatz mit komfortablem Toilettenhaus und begeben uns auf den Erkundungspfad Richtung See. Die Felsritzungen am Wegesrand sind ohne großes Gekletter erreichbar und von Holzstegen flankiert, haben aber schon bessere Zeiten gesehen. Da müsste mal wieder jemand mit dem roten Farbtopf ‚ran, zum Auffrischen der kultischen Bronzezeit-Graffiti. Trotzdem ist das Ganze einen Ausflug wert. Infotafeln helfen Geschichtsinteressierten auf die Sprünge. Und die Lage am See ist einmalig. Noch schöner wäre es bei Sonnenschein, aber man kann nicht alles haben. Eine knappe Stunde später ist der T-Rex on the Road again. Kurs Nordwest – nach Baldersnäs Herrgård in Dals Långed. Das Herrenhaus im Norden von Dalsland ist zwar heute ein Hotel, doch im Park und Wäldchen drumherum dürfen sich auch Nicht-Hotelgäste tummeln. Hübsch hier und – da auch hier noch keine Saison ist – extrem ruhig. Heißt allerdings auch, dass die Kunsthandwerker-Lädchen und das Café noch verrammelt sind. Wir drehen dafür eine Runde übers Gelände, bewundern die alten Bäume und steigen zur Sjögrotta am See herab. Alles ein bisschen verwunschen. Auf dem großen Wanderparkplatz unten am See könnte man auch über Nacht stehen bleiben. Wir jedoch brechen nach anderthalb Stunden Spazier-Rast wieder auf. Doch ohne einen Abstecher nach Åmål wollen wir Dalsland nicht hinter uns lassen. Am Hafen gibt es einen offiziellen Bezahl-Stellplatz in Deluxe-Lage auf einer kleinen Landzunge, etwas versetzt daneben aber auch einen größeren Gemischt-Parkplatz für den Gratis-Zwischenstopp. Als besonderes I-Tüpfelchen findet sich genau dazwischen auch noch eine Ver- und Entsorgungsstation, die auch für Durchreisende kostenlos nutzbar ist – dem schwedischen Wohnmobilclub sei Dank. Wir schicken den T-Rex zum Wasserlassen und zur Kassetten-Entleerung,stellen ihn anschließend auf dem Langzeitparkplatz ab und spazieren in die süße kleine Altstadt. Zum Abschluss springen wir noch kurz in den zentralen ICA-Supermarkt und erjagen etwas Wiener Bröd für den Nachmittagstee. Der muss aber noch ein wenig warten. Zuerst wollen wir Karlstad und damit Värmland erreichen. Eine knappe Stunde später ist es so weit. Wir entern den großen, direkt am Vänersee gelegenen Parkplatz neben dem Stadtpark Mariebergsskogen. Da die sechs Stellflächen, die extra für Womos vorgesehen sind, bereits besetzt sind, stellen wir uns ans andere Ende, wo schon ein norwegisches Wohnmobil in einer Normalbucht (aber mit Platz für Überhang hinten) steht. Das können wir auch! Danach: erst mal eine Kumme Tee und das mitgebrachte Wiener Bröd auf den Tisch. Die eine Hälfte der Plunderteichen traditionell mit Vanilleklecks in der Mitte, die andere mal ganz experimentell mit Zitronenfluffcreme gefüllt. Boah! Lecker!!! Während wir so die Beine hochlegen, trudeln auf dem Parkplatz immer mehr Menschen mit Yogamatte ein. Da steht wohl ein Fitnesskurs im Park an. Richtig kombiniert! Yoga ist allerdings nicht angesagt. Stattdessen steht rustikales Treppenlaufen, Crunchen und Liegestützemachen an. Wir dagegen begnügen uns später mit einer abendlichen Spazierrunde durch den vorderen Teil des Parks. Es gibt einen Kiosk, der noch geöffnet hat, eine Badestelle sowie Cafés, Restaurant,Kinderzoo,Minigolfbahn und Naturum, die jetzt um 19 Uhr aber schon geschlossen sind. Also erkunden wir stattdessen die Stationen des kleinen Experimentiergartens und bewundern Springbrunnen und Skulpturen. Den Rest heben wir uns für den nächsten Morgen auf.
Tag 4 – Dienstag, 7. Mai 2024
Abfahrt: 12.29 Uhr
Tachostand: 49.165 km
Reichweite: 180 km
Gesagt – getan! Unser Morgenspaziergang in Mariebergsskogen führt uns als Erstes zu den Tieren von Lillskogen: Värmland-Schafe, Gotland-Kaninchen und andere regionale Viecher von der Kuh bis zum Pferd mampfen noch etwas verschlafen in ihren Gehegen. Dafür sind Eichelhäher, Eichhörnchen, Elster, Feldsperling, Meise und Kleiber, die in den Bäumen herumturnen, schon putzmunter. Ein paar historische Gebäude aus der Gegend bilden ein kleines Freilichtmuseum – darunter eine Sägemühle, die mal nicht mit Wasser-, sondern Windkraft funktioniert. Das Ganze ist eine Erfindung von der Halbinsel Värmlandsnäset, wo Wasserkraft rar war. So, jetzt aber erst mal zurück zum T-Rex, wo wir uns eine Kakaorunde zum Aufwärmen gönnen. War doch recht frisch gerade. Und außerdem müssen wir noch etwas Zeit überbrücken, denn das Naturum (so heißen in Schweden die Besucherzentren der Nationalparks) öffnet erst um 11 Uhr. Drinnen empfängt uns eine kleine interaktive Ausstellung über die värmländische Flora und Fauna auf zwei Etagen mit Panoramafenster-Blick hinaus auf die Seenlandschaft. Im dazugehörigen Café süppeln zwei ältere Damen die Tagessuppe zum reduzierten Seniorenpreis. Wir dagegen suchen den Kinosaal im ersten Stock auf, wo uns ein 14-minütiger Film (auf Wunsch auch auf Englisch) auf eine Kurzreise durch die Natur der Region mitnimmt. Anschließend lockt noch ein Rundgang auf Stegen durch das umliegende Feuchtgebiet. Herrlich. Doch nun lockt die Kunst. Dazu satteln wir den T-Rex und lassen ihn Richtung Karlstad-Zentrum rollen. Hinter der Kunsthalle Sandgrund des Aquarellmalers Lars Lerin (Jahrgang 1954) dürfen auch Wohnmobile kostenlos parken, wenn man ein Ticket für die Ausstellung kauft: 100 kr pro Person/geöffnet Di bis So 11 bis 16 Uhr. Diese ist hauptsächlich den Werken Lerins gewidmet, der nicht nur einer der bekanntesten Aquarellisten Skandinaviens ist (wir wussten gar nicht, dass man sooo großformatig mit dieser Technik arbeiten kann), sondern auch höchst kreative Collagen geschaffen hat. Mit am besten gefallen uns seine Lofoten-Aquarelle und die selbstgemalte Bibliothek. Ein kleines Museumscafé mit lustiger Kaffeeservice-Sammlung gibt esv weiterzuziehen. Kurs: Arvika. Eine Stunde später sind wir an unserem nächsten Übernachtungsplatz angelangt: einer großen Wohnmobil-Parkfläche direkt am See (oder besser Bucht, denn der Kyrkviken ist mit dem Glafsfjord verbunden) – zwar ohne jegliche Ver- und Entsorgungsstation, dafür aber komplett gratis. Unter Norwegern aber offenbar längst kein Geheimtipp mehr, den Nummernschildern zufolge. Kaum haben wir Handbremse angezogen, kommt die Sonne heraus. Auf einmal sind es 15 Grad. Also: Stühle raus! Wir chillen und lesen, ein Haubentaucher taucht, die Spatzen werden vorwitziger, bis uns die aufziehenden Wolken zurück ins Womo treiben. Nach dem vorgezogenen Pfannkuchen-Abendbrot ist ein Verdauungsspaziergang fällig. Die Innenstadt ist nicht weit entfernt. Wir stellen fest: Arvika ist ein nettes Städtchen mit überraschenden Läden, Skulpturen, Wandgemälden und etwas aus der Zeit gefallenen Konditoreien. Doch nun, huschhusch, zurück zum Womo. Das Abendprogramm wartet: Beim ersten ESC-Halbfinale in Malmö wollen wir wenigstens virtuell dabei sein.
Tag 5 – Mittwoch, 8. Mai 2024
Abfahrt: 10.55 Uhr
Tachostand: 49.243 km
Reichweite: 140 km
Blauer Himmel begrüßt uns zum Aufwachen. „Unser“ Museum öffnet aber erst um 11 Uhr. Wir können es also langsam angehen. Auch ein Morgenspaziergang am Kyrkviken und zur Street-Art am Wegesrand ist vorher noch drin. Dann wird es Zeit für die Drinnen-Kunst. Wir nehmen Kurs auf das Rackstad-Museum, das der gleichnamigen Künstlerkolonie gewidmet ist. Diese entstand zu ähnlicher Zeit (Anfang des 20. Jahrhunderts) und in ähnlicher Ausprägung wie die Künstlerkolonie in Worpswede im heimischen Norddeutschland. Das lässt auf spannende Vergleiche hoffen. Vorher müssen wir allerdings erst mal ordentlich mit dem T-Rex herumkreiseln, bis wir auf dem nur sehr punktuell womo-tauglichen Museumsparkplatz eine passende Lücke (mit hinten Überhang) finden. Denn ausgerechnet heute knöpft sich gerade das kommunale Grünpflege-Geschwader den Wald hinterm Museum vor und hat dort entsprechend schweres Gerät geparkt. Und ein paar Anwohner scheinen da auch über Nacht geparkt zu haben. Zum Glück,denn davon verschwinden jetzt einige mit dem Auto zur Arbeit oder sonst wohin. Im Museum (Kungsvägen 11, geöffnet: dienstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr, normaler Eintritt: 140 kr) führt uns ein netter Herr kurz und kompakt in die Entstehung und Geschichte der Rackstad-Kolonie ein. Wir erfahren: Das Ganze fing mal mit der Möbeltischlerei der Brüder Eriksson und speziell deren Stühlen an. Auch der jüngste Bruder Christian erlernte zunächst den Beruf des Möbeltischers, arbeitete einige Zeit in Hamburg, ging dann aber nach Paris und wurde erfolgreicher Bildhauer. Seine Rückkehr ins ländliche Schweden war weniger erfolgreich. Seine junge Frau, eine Pariserin, vermisste die Großstadt, und Arbeit gab es hier auch eher wenig. Also Umzug nach Stockholm, wo er als Professor lehren konnte. Als eine seiner Schülerinnen und ihr Mann, Maria und Gustaf Fjæstad, ganz im Geiste der aufkommenden Nationalromantik etwas Bezahlbares zum Leben und Arbeiten auf dem Land suchten, stellte Eriksson ihnen seine Künstlerbutze in Taserud bei Arvika zur Verfügung. Kostenlos! Die Geburtsstunde der Kolonie. Denn im Dunstkreis der Fjæstads siedelten sich weitere Künstler am nahen Racken-See an. Daher der Name Rackstad übrigens. Das Museum selbst ist schön luftig aufgebaut und gibt einen guten Überblick über die Vielfalt dieser schwedischen Arts-und-Crafts-Bewegung. Die besagte Künstlerbutze Oppstuhage wiederum ist eigentlich nur an besonderen Tagen im Sommer geöffnet. Doch wir haben Glück. Weil die ehrenamtliche Oppstuhage-Spezialistin gerade sowieso dort zu tun hat, dürfen wir mit hinein – und bekommen noch eine supertolle Führung dazu. Hatten wir gar nicht erwartet. So aber lassen uns die Infos über das Atelier- und Wohnhaus Christian Erikssons gedanklich bis ins nordschwedische Kiruna reisen. Wo wir ja auch schon zweimal mit dem Womo Stippvisite gemacht haben. Jetzt werden die Fäden zusammengeführt, denn die Außenskulpturen der großen Holzkirche von Kiruna stammen aus Erikssons Bildhauerwerkstatt. Nun muss aber ja gerade die komplette Stadt wegen des Erzabbaus drei Kilometer nach Osten „verschoben“ werden, also auch die 1903-1912 erbaute Kirche. Die soll tatsächlich im Ganzen wandern – im Sommer 2025 soll es losgehen. Dafür müssen die Figuren besonders präpariert und gesichert werden. Und das ist unerwartet extraknifflig geworden, weil man festgestellt hat, dass es am neuen Standort im Schnitt einige Grad kälter ist. Verrückt aber wahr. Danach dürfen wir uns auch noch in Ruhe in den anderen Räumen umschauen. Echt toll, diese Museumscrew. Und Feuer und Flamme für ihre Aufgabe. Trotzdem müssen wir uns jetzt langsam mal losreißen. Der T-Rex braucht Bewegung, vor allem aber erstmal neuen Treibstoff. So präpariert, sausen wir in Richtung Fryken-See, um bei Selma Lagerlöf vorbeizuschauen. In Östra Ämtervik steuern wir den kleinen Friedhof mit dem schmucklos-wuchtigen Familiengrab der Literaturnobelpreisträgerin an, spazieren zwischen uralten Grabkreuzen umher, die schon Flechten angesetzt haben, und machen dann noch eine Kurve an der Selma-Lagerlöf-Büste vorbei zur Kirche. Drinnen kann man Knöpfchen drücken und sich unter anderem auch auf Deutsch etwas zur Geschichte und Ausstattung von Östra Ämterviks Kyrka erzählen lassen. Eine Besonderheit ist der Koffer von Paul Gustaf Andreios Lidback (1778-1857), dem Vorbild für den Onkel Eberhard in Selma Lagerlöfs „Gösta Berlings Saga“. In dem Koffer liegen Ridbacks Bibelübersetzung und weitere Manuskripte, die laut seinem Testament erst im Jahr 1900 geöffnet werden sollten, wenn die Welt bereit ist für seine Gedanken. Hat man dann auch, aber gleich wieder zugemacht. Herr Ridback war wohl doch zu fortschrittlich. Jetzt haben wir Hunger. Also ein Stückchen zurück nach Sunne. Der Imbiss Nya Sunnegrillen zwischen Sundsbron und Strandvägen hat nicht nur einen geräumigen Parkplatz vor der Tür, sondern auch einen leckeren Köttbullar- und einen ebensolchen Hamburger-Teller für uns im Angebot. Dann fordert der T-Rex unsere Aufmerksamkeit. Weil der Gratis-Womo-Stellplatz von Sunne keine Ver- und Entsorgung hat, steuern wir nordwärts zum Rastplatz Tossebergsklätten, der mit einem Klohäuschen im Blockhütten-Style inklusive Latrintömning aufwartet samt Außengalerie und Blick auf den Fryken. Interessant gestaltet. Unser nächster Halt heißt Torsby, gewissermaßen letzter Außenposten Värmlands. Schnell noch eine Runde durch den Coop am Stadtrand, dann nehmen wir den örtlichen Womo-Stellplatz im Zentrum an den Bahngleisen (zweckmäßig mit Grauwasser-Entleerung) in Beschlag. Zur besten Teezeit. Bedeutet: Kluntje in die Tasse, das frisch erworbene Plundergebäck auf den Tisch und – geniiießen. Und weil das Wetter draußen gerade ungemütlich wird, schenken wir uns diesmal die Abendspazierrunde.
Tag 6 – Donnerstag, 9. Mai 2024
Abfahrt: 11.55 Uhr
Tachostand:c49.374 km
Reichweite: 851 km
Heute ist Christi Himmelfahrt. Also starten wir in den Tag mit einem ordentlichen Feiertagsfrühstück mit Rührei und schwedischem Rundbrot. Im Anschluss lassen wir einen Morgenspaziergang durchs diesige Torsby folgen. Durch die von Läden gesäumte Hauptstraße geht es – vorbei am saisonal noch unbesetzten Turistbyrå (als Ersatz dient ein anderes Byrå, nämlich eine Kommode mit Prospekten drin) zum zentralen Platz mit Shabby-Geistervillen aus Holz und zum Park mit Automuseum und Musikbrücke (wer darüber läuft, löst einen Mechanismus aus und bekommt (in unserem Fall zumindest) schwedischsprachige Countrymusik auf die Ohren. Witzig, und immer gibt es ein anderes Lied. Am späteren Vormittag sind wir zurück am Stellplatz und satteln den T-Rex für die Weiterfahrt. Die führt nun grob westwärts. Dabei passieren wir das Finnskogscentrum in Lekvattnet das aber leider erst im Juni öffnet. Doch auch von außen ist das Besucherzentrum und Museum zur Kultur und Geschichte der Waldfinnen, die im 17. Jahrhundert als Auswanderer die Gegend besiedelten. Seither heißt das Gebiet im schwedisch-norwegischen Grenzgebiet Finnskogen (Finnenwald). Hier soll es auch Wölfe und Bären geben. Doch die halten sich bei unserer Passage vornehm zürück. Gegen 13.30 Uhr treffen nach einigen Irrwegen wegen Baustellen und Sperrungen an der Festung von Kongsvinger ein. Wir parken auf dem Parkplatz am Museum und spazieren durchs Festungstor mitten hinein in die sternförmige Anlage von 1681, von deren Wall aus man einen schönen Blick auf den Fluss Glomma hat. Eine Stunde später schicken wir den T-Rex wieder auf die Bahn, legen aber in Skarnes noch einen Wassertankstopp an der K-Circle-Tanke ein (den Schlüssel für den Gratis-Schluck gibt’s an der Kasse). Auf der Weiterfahrt gelingt immerhin ein halbguter Schnappschuss vom architektonisch kühn in die Landschaft hineingestellten Kunstmuseum Kistefos. Nach all der Kunst in den letzten Tagen auf schwedischer Seite lassen wir diesmal einen Besuch aus und steuern stattdessen direkt nach Hønefoss, wo der gleichnamige Wasserfall mitten durch die Stadt rauscht und poltert. Der heutige Feiertag beschert uns eine nahezu abgabefreie Übernachtung auf dem zentralen Womo-Parkplatz Tippen (Arnemannsveien 5, Hønefoss Bru 1b – zehn Abteile). Weil wir aber den Platz nicht schon um 7 Uhr am nächsten Morgen wieder räumen wollen, werfen wir 20 Kronen per Kreditkarte ein. Das verschafft uns Luft bis 8.10 Uhr. Doch nun wollen wir uns den Wasserfall aus der Nähe ansehen. Wir spazieren treppauf und treppab einmal fast ganz herum um das Wasserkraftpaket, das in seiner heutigen Form 1978 kraftwerkstechnisch gebändigt wurde. Am Storelva bewundern wir das lustige moderne Gebäude „Gledeshuset“ und die ebenfalls interessant-moderne Kirche im „Rücken“ des Womo-Parkplatzes. Es folgt eine Kurz-Inspektion des Service-Häuschens (Ver- und Entsorgung mit Grauwasser-Abfluss). Nach einem frühen Abendbrot mit Tim-und-Struppi-Marathon im Fernsehen ist noch eine Abendspazierrunde zum nahen Tufteparken (mit Draußen-Gym, Springbrunnen und Musikmuschel) drin und über den Friedhof an der Kirche, die wie ein frisch gelandetes Ufo aussieht. Auf einmal: aufgeregtes Möwen-Kraweel. Huch! Da brütet doch tatsächlich nur eine Armlänge entfernt eine knopfäugige Sturmmöwe auf einem mit Efeu bewachsenen Grabstein! So, jetzt aber – huschhusch – ins Womo. Das zweite ESC-Halbfinale startet… muss einfach sein.
Tag 7 – Freitag, 10. Mai 2024
Abfahrt: 8.15 Uhr
Tachostand: 49.593 km
Reichweite: 731 km
Vor der Abfahrt gönnen wir dem T-Rex noch eine Ehrenrunde zum Service-Häuschen, dann huschen wir auf dem Riksvei 7 Richtung Gol. Fürs Frühstück krallen wir uns den Rastplatz Krøderfjorden (Ankunft: 8.58 Uhr). Dann geht es weiter nach Gol, wo wir erst unserem geliebten Biltema (mit Panorama-Blick zur Stabkirche im benachbarten Wikingerpark) und dann der Tanke einen Besuch abstatten. Auf dem Rv. 7 gondeln wir aus dem Hallingdal nun immer weiter aufwärts, erreichen über die Siedlung Haugastøl die schneebedeckte Hardangervidda (Europas größtes Hochgebirgsplateau), schrauben uns bis auf 1150 Meter Höhe über dem Meeresspiegel und hinterlassen einen kleinen T-Rex-Fußabdruck in Form unseres Aufklebers an der zentralen Infotafel inmitten der weißen Weiten. Gegen 15.30 Uhr nehmen wir den Abzweig von der 7 zum Fossli Hotel und parken den T-Rex auf dem nächsten größeren Karrée, um uns zu Fuß zu einem beeindruckenden Naturschauspiel aufzumachen, dem Vøringsfossen – Norwegens wohl bekanntestem Wasserfall (abgesehen von den Sieben Schwestern am Geirangerfjord). Die Fallhöhe ist mächtig: 183 Meter. Auf 145 Metern stürzt das Wasser im freien Fall herab. Von verschiedenen Aussichtsplattformen und einer freischwebenden Brücke kann man dem Spektakel nahekommen. Einfach toll! Zwei Stunden gehen herum wie nichts! Aber irgendwann wollen weiter, auch wenn man auf dem Platz über Nacht stehen bleiben könnte. Doch uns lockt das Hardangervidda Natursenter in Øvre Eidfjord. Da kommen wir zwar nicht mehr zur Öffnungszeit an, können uns aber schon mal gemütlich auf den Parkplatz stellen und das kulturhistorische Erlebniszentrum am nächsten Morgen entern. Ein erster Fotorundgang um das mal wieder höchst interessant gestaltete Gebäude ist aber noch drin.
Tag 8 – Samstag, 11. Mai 2024
Abfahrt: 12.05 Uhr
Tachostand: 49.841 km
Reichweite: 1564 km
Um 10 Uhr öffnet das Naturzentrum. Vorab drehen wir aber erst mal eine Runde durch den Touri-Shop gegenüber. Ansichtskarten und Briefmarken kaufen, auch wenn das Porto nach Europa sauteuer ist. Dafür dürfen wir noch von der frisch aufgeschnippelten Elch-Salami kosten. Statt der Wurst, die sehr lecker war, nehmen wir aber lieber einen Magneten für den Kühlschrank mit. Nun aber wirklich – hinein ins Hardangervidda-Infomuseum. Und das ist richtig schön kompakt über drei Ebenen aufgebaut. Ganz unten beginnt der Rundgang zum Thema Geologie, darüber folgen Flora, Fauna und Kultur und ganz oben kommt das Klima zum Zuge. Alles prima zum Selbstentdecken mit Texten auch auf Deutsch. Aber dank der prima Einführung von Museums-Saisonkraft Fatma aus Finnland an der Kasse fühlen wir uns noch einmal extragut präpariert. Fatma, die übrigens auch mal in Berlin studiert und einen Freund aus Oldenburg hatte (ha, die Welt ist klein!), startet dann auch noch für uns im Panorama-Kinosaal den superduper Drohnenfilm zum „Mitfliegen“ über die Hardangervidda. 25 Minuten purer Genuss. Einen zusätzlichen Kurzfilm zum Thema norwegische Kunst und Landschaft gibt es ein Stockwerk höher. Rund um informiert, traben wir zwei Stunden später zurück zum T-Rex, schreiben die erste Ansichtskarte und steuern dann den nächsten Ort auf der Route an: Eidfjord. Dass dieser Mini-Ort ein regelmäßiger Haltepunkt für Kreuzfahrtschiffe ist, merkt man an jeder Ecke – auch wenn gerade kein schwimmender Riese da ist. Tolle Fjord-Lage, alles super aufgeräumt und super ausgestattet, alle nötigen Läden und Cafés kompakt in der Nähe. Dazu das weltgrößte Turbinenrad (natürlich von Statkraft) zum Bestaunen. Und einen Briefkasten für unsere Ansichtskarte finden wir auch noch, direkt am Joker-Supermarkt, der gleichzeitig Poststelle ist. Weiter geht es nun nach Dale bzw. Dalekvam, wo uns das Strickpulli-Outletcenter und Museum von Dale of Norway (Sandlivegen 2) lockt. Eine Stunde lang stöbern wir durchs Sortiment, bewundern die ausgestellten Pullimodelle für die Olympischen Spiele und Skiweltmeisterschaften der letzten Jahrzehnte und versetzen uns in der ehemaligen Kantine in frühere Fabrikzeiten zurück. Den Weg, den wir danach einschlagen, müssen wir allerdings nachträglich auf die schwarze Liste setzen: die 569 über Mo i Modalen zur E39. Wir hatten überlegt,den „kleinen Preikestolen“(die Felsformation Slottet) zu erwandern. Nach rund einer Stunde Herzschlag-Fahrt auf überwiegend einspurigen Gebirgs- Serpentinen plus spontan auftauchendem Gegenverkehr (auch im Tunnel!) lassen wir das dann aber mal gepflegt sein. Auch wenn die Aussicht streckenweise grandios und Mo ein niedlicher Ort ist. Nur blöd, wenn man das eben nicht so recht genießen kann. Innerlich machen wir drei Kreuze, als die Straße wieder breiter wird. Gegen 16.30 Uhr lassen wir den T-Rex in Haugsvær auf den hübschen kleinen Picknick-Rastplatz neben dem Joker-Lebensmittelladen (wieder mit Briefkasten) austrullern. Der Laden hat zwar leider schon um 16 Uhr die Schotten dicht gemacht, aber der Briefkasten darf später unsere restlichen Ansichtskarten schlucken, die wir zum Tee am Picknicktisch schreiben – mit Aussicht hinunter auf den kleinen Ort am Fjord, einem Arm des Masfjords. Am Platz gibt es etwas weiter am Rand auch eine Tankstelle, einen lustigen Imbiss-Pavillon aus Holz, der aber gerade leer und zum Verkauf steht. Gleich mit drangeflanscht am Joker-Laden: Duschraum und Toiletten. Um die Ecke finden wir zudem einen Wasseranschluss und ein Holzhüttchen, vor dem man Grau- und Schwarzwasser loswerden kann. Und die Sat-Schüssel hat auch Empfang (heute ist das ESC-Finale). Perfekt!
Tag 9 – Sonntag, 12. Mai 2024
Abfahrt: 11.25 Uhr
Tachostand: 50.014 km
Reichweite: 674 km
Wenn der Platz schon all diese T-Rex-Annehmlichkeiten bietet, dann nutzen wir sie auch. So fit gemacht, trägt er uns fast in Nullkommanix zum Fähranleger am Sognefjord in Oppedal. Von dort wollen wir nach Lavik übersetzen. Auch hier spurt brav die Mautbox, die wir mit einem Extra-Vertrag für die westnorwegischen Fähren samt „aufgeladenem“ Mindestbetrag verknüpft haben. Heißt: Wir fahren aufs Schiff und später wieder hinunter, ohne uns um etwas Anderes kümmern zu müssen als um die Einwink-Signale der Decksleute. Gut 20 Minuten dauert die Mini-Kreuzfahrt. Von Lavik aus steuern wir über Førde nach Vassenden. Dort, am Westende des Jølstravatnet, schnappen wir uns etwa eine Stunde später den Rastplatz kurz hinter dem Abzweig zum Astruptunet – dem Künstlerhaus des Malers Nikolai Astrup (1880-1928), populär in Norwegen, kaum bekannt in Deutschland (trotz Ausstellung 2017 in der Emder Kunsthalle). Wir parken hinter einem ESC-Sieger-Camper (= aus der Schweiz) und entern das superschöne Picknick-Areal mit modernem Sprungbrett in den See und einem Astrup-Rahmen als Fotopoint mit Durchblick aufs Wasser und die schneebedeckten Gipfel am Horizont. Die Sonne scheint. Auf den Stufen der Holzterrasse am Ufer lässt es sich ein Stündchen aushalten. Dann wollen wir nachsehen, wie der Blick durch den Astrup-Rahmen am anderen Ende des Sees aussieht. Dazu legen wir in Skei einen weiteren Fotostopp ein. In der nahe gelegenen Circle-K-Tankstelle sacken wir noch Wiener Bröd zum Tee ein und machen uns auf den Weg zu unserem heutigen Übernachtungsplatz: den Wanderparkplatz am Stardalselva. Dort empfängt uns Flussdelta-Feeling abseits der Europastraße 39, mit Bergen und Wasserfällchen drum herum und einer kleinen Flusskies-Insel vor unserer Nase. Während wir unsere wohlverdiente Teezeit abhalten, bekommen wir zum Schluss auch noch Besuch von neugierigen, durstigen Kühen. Von unserem Tee müssen aber nichts abgeben. Ist ja genug Wasser da.
Tag 10 – Montag, 13. Mai 2023
Abfahrt: 10.30 Uhr
Tachostand: 50.145 km
Reichweite: 801 km
So wie der Tag gestern geendet hat, beginnt er heute auch: mit Kuhglocken-Geläut. Nach einem zünftigen Frühstück geht es wieder auf Tour. Nach 20 Minuten Fahrt lockt uns aber schon ein erster Fotostopp. In Gloppen werfen wir einen gepflegten Blick auf das Utvikfjell. Fünf Minuten später wartet schon die nächste umwerfende Aussicht am Skjørbakkane Utsiktspunkt direkt vor einer dieser typisch norwegischen Haarnadelkurven. Dort gibt es sogar eine Schautafel, auf der wir unseren Aufkleber hinterlassen können. Nun aber wollen wir weiter nach Stryn, denn der T-Rex benötigt eine neuen Gastank-Füllung und dort gibt es eine LPG-Tankstelle (Automat mit Karte). So präpariert, geht es weiter Richtung Vestkapp. Doch gegen 13 Uhr knurrt unser Magen. Passenderweise lacht uns an der E39 ein Rastplatz mit Ausguck an. Dort schieben wir uns ein Kurzpicknick mit 3 auf Wasser und Berge zwischen die Kiemen. Der nächste Fotostopp lauert im nächsten größeren Ort: Nordfjordeid. Wir parken auf einem der zentralen Shopping-Parkplätzchen, schlendern an der Uferpromenade entlang, kaufen im Rema-Supermarkt noch was zum späteren Verspachteln und schauen eine Runde an der denkmalgeschützen Kirche und im nahen Biltema vorbei. Das Sagastad-Museum, in dem eine Rekonstruktion des größten Wikingerschiffs Norwegens gezeigt wird, hat geschlossen. Heute ist eben kein „Cruise Day“ mit Touri-Schwemme. Auch gut. Mehr Platz für uns, um an den lustigen Deko-Buchstaben am Fjord ein Erinnerungsfoto zu machen. Nun aber ruft endgültig das Vestkapp. Und das bedeutet erneut: Serpentinen-Fahren. Vor allem die letzten fünf Kilometer erfordern Konzentration. Zum Glück ist die Schmalspur aber gut und weithin einsehbar. Das erleichtert das Ausweichen bei Gegenverkehr in die entsprechend angelegten Buchten, Trotzdem ist Aufpassen angesagt, weil die Kante am Rand doch recht abschüssig ist. Man will ja nicht im Graben landen. Gegen 16.50 Uhr aber haben wir es geschafft. Wir stehen am Vestkapp. Auf dem größeren Parkplateau unterhalb der Kap-Kappe richten wir uns später für die Nacht ein. Doch die letzten kurvigen 200 Meter bis ganz nach oben zum (noch geschlossenen) Restaurant-Café schaffen wir auch noch. Wir gönnen dem T-Rex ein Päuschen am Rande des kleinen Parkplatzes und stromern einmal kreuz und quer übers Plateau. Wir bewundern die beiden brandneuen, kühn an den Hang gebauten Übernachtungshütten mit Panoramafenstern (die eine heißt passenderweise Sonnenaufgang, die andere Sonnenuntergang, dazwischen liegt das wohl westlichste Klohäuschen Norwegens), erklimmen das darüberliegende Gräserfeld,schlendern zwischen Steintürmchen und Radarstation hin und her und können uns gar nicht sattsehen am 360-Grad-Panorama. Die Lerchen tirillieren dazu, was das Zeug hält. Zurück am Café-Restaurant, das auch einen kleinen Souvenirshop beherbergt (wie wir durch die Glasfenster erkennen können), sind noch ein Erinnerungsfoto vom wettergegerbten Vestkapp-Holzlogo (dazugehörige GPS-Daten: N62°11’18“ 5°7’33“) und eine Sitzprobe auf der traumhaft gelegenen Außenterrasse Pflicht. Dann platzieren wir den T-Rex wieder ein Deck tiefer, wo mehr Platz für Womos ist, und richten uns für den Abend ein. Hier kann man prima zur Ruhe kommen, später noch gekrönt von einem wahren Sonnenuntergangs-Theater. Schööööön!!!
Tag 11 – Dienstag, 14. Mai 2024
Abfahrt: 11.10 Uhr
Tachostand: 50.351 km
Reichweite: 195 km
So ist das manchmal mit geografischen Extrempunkten. Bevor es zu neuen Zielen gehen kann, muss man erst mal wieder genau den Weg zurück, auf dem man gekommen ist. In Leikanger finden wir am Wegesrand eine kostenlose Entsorgung für die Bordtoilette (Station Nedre Sjåstad). Und, schwupps, sind wir wieder in Nordfjordeid. Dort sehen wir, dass gerade die „Aida nova“ im Fjord liegt. Wir fahren zum zentralen Parkplatz gegenüber von Jysk und stehen praktisch Nase an Kussmund. Die Kreuzfahrt-Touristen strömen vorbei, die meisten davon Deutsche, die ganz schön große Augen machen, als sie in dieser dich recht entlegenen Ecke ein deutsches Kennzeichen sehen. Dann gehen wir selbst auf der Promenade flanieren und finden prompt eine verlorene Aida-Passenger-Kids-Clubkarte eines zweijährigen Mädchens. Die Gelegenheit, Karmapunkte zu sammeln. Wir schlendern Richtung Terminal, finden im Touristen-Gewusel vor den Ausflugsbussen tatsächlich drei Cruise-Mitarbeiter, bei denen wir die Karte abgeben können. Danach gönnen wir uns ein paar Ansichtskarten und einen Magneten im Touri-Shop und füllen im parkplatz-nahen Rema-Supermarkt unsere Vorräte auf. Im T-Rex schnell noch zwei Karten geschrieben. Den Briefkasten dazu gibt es in der erstaunlich weitläufigen Einkaufspassage neben den Rema. Doch wir wollen ja heute noch weiter. Eine Stunde später rollen wir auf den Parkplatz des Nationalparkzentrums Jostedalsbreen in Oppstryn. Das hat normalerweise bis 16 Uhr geöffnet. Doch heute ist ja Cruise Day, daher schließt das Zentrum erst um 17 Uhr. Wir schauen uns aber nur im Shop um, denn 120 Kronen pro Nase sind uns für die Restzeit trotzdem noch zu teuer. Aber das Wetter ist schön, die Lage im Tal am See auch. Also vergnügen wir uns nach einer Runde Tee mit Wiener Bröd und weiterem Kartenschreiben im T-Rex eine Weile draußen. Zum Schluss wagen wir uns auch in den See, kommen aber nur bis zu den Knöcheln. Soooo kalt! Kein Wunder, ist ja alles Gletscherwasser aus den Bergen ringsum. Schon nach wenigen Sekunden spürt man die Füße nicht mehr. Schnell wieder ans Ufer. Hui, jetzt kribbelt’s aber. Wir machen noch ein paar weitere Kneippgänge. Jedesmal halten wir es ein klein wenig länger aus. Langsam nähert sich der Abend. Wir überlegen, ob wir über Nacht hier stehen bleiben und am nächsten Morgen doch noch ins Center gehen. Allerdings stehen da wieder Camping-verboten-Schilder. Auch wenn wir ja nicht wirklich campen, sondern nur parken, entscheiden wir uns für die Weiterfahrt. Nicht ganz so weit weg, soll es übernachtungsgeeignete Rastplätze am Riksvei 15 geben. Also los. Und dann das! Eben noch 23 Grad und Frühsommer-Feeling, einen halbe Stunde und einen langen Tunnel später stehen wir auf einmal wieder in einer Schneelandschaft. Temperatur: nur noch 12 Grad. Und laut Straßenschild muss man auch wieder mit Rentieren rechnen. Auf den ersten von uns ausgeguckten Rastplatz kommen wir wegen der zugeschneiten Auffahrt gar erst drauf. Aber Platz zwei am Søndre Lagervatnet bei Skjåk auf dem Weg nach Grotli ist halbwegs befahrbar. Weil es schon 20 Uhr ist, haben wir keine Lust mehr zum Weitersuchen. Dann schmeißen wir heute Nacht eben die Heizung an.
Tag 12 – Mittwoch, 15. Mai 2024
Abfahrt: 11.11 Uhr
Tachostand: 50.540 km
Reichweite: 180 km
Nach Ausschlafen und Frühstück im Schnee verlassen wir das Hochplateau wieder. Nur eine knappe Viertelstunde später hat uns am Viewpoint Billingen endgültig der Frühsommer wieder. Wir schleichen uns mit dem T-Rex von hinten an den rauschenden Bach heran, parken am Wegesrand und spazieren zur Brücke mit idyllischem Wirtshaus und Kulturwanderweg. Der wäre 3,1 Kilometer lang und schlängelt sich zu diversen Kunstwerken hoch. Wir belassen uns beim Erkunden der „Brücken-Etage“ am Eingang zum Nationalpark Reinheimen. Noch mal eine Viertelstunde später stehen wir auf der nächsten Brücke über dem nächsten Wildwasserfluss, dem Dønfoss. Den T-Rex haben wir am nahen Coop geparkt, wo wir später auch noch die Altpapierstation auf dem Parkplatz nutzen. Über den Fluss führt für die Fußgänger eine Art Skywalk, jedenfalls sieht man durch das Gitter das Wasser unter den Füßen durchbrodeln. Zurück am Coop plaudern wir kurz mit einem Extrem-Radler-Paar, die am überdachten Picknicktisch Rast machen. Die beiden kommen aus München, sind aber nicht dort losgeradelt, sondern in Bergen. Ihr Ziel ist Trondheim, dann geht es mit dem Flugzeug wieder nach Hause. Wir erzählen von unseren Trondheim-Erfahrungen, wünschen uns gegenseitig eine gute Fahrt und ziehen weiter. Wieder wird es eine Kurzetappe. Nach 25 Minuten parken wir mit dem T-Rex vor der Stabkirche von Lom und drehen eine Besichtigungsrunde über den Friedhof. Echt schön gelegen. Der Ort selbst ist nicht groß, aber offebar ein beliebter Sommerfrische-Ort. Ganz schön viele Cafés, Läden und Aktivitäten hier. An der zentralen Esso-Tanke gibt es eine kostenlose Entsorgungsstation für uns (nur Wasserzapfen würde kosten: 20 Kronen für fünf Minuten). Einkaufen wollen wir aber im nächsten größeren Ort, in Otta. Der liegt schon im Gudbrandsdal. Der T-Rex kommt auf dem zentralen Parkplatz mit Womo-Abteil (plus Service-Station) an der Johan Nygårds gate zum Stehen. Nach dem Lebensmittel-Auffüllen geht es noch ans Wasserauffüllen, dann setzen wir Kurs auf Lillehammer. Dort treffen wir am späteren Nachmittag ein. Das heißt: Wir können erst mal frei vor der Haakons Halle parken. Stehen darf man aber nur bis 2 Uhr nachts. Zum Übernachten müssen wir uns also etwas anderes suchen. Aber zuerst wollen wir ein paar Stündchen Olympia-Nostalgie tanken. Wobei wir uns erst mal verwundert die Augen reiben, weil wir die Fackelmännchen von 1994 nicht entdecken können. Etwa abgebaut? Nicht ganz. Als wir nachsehen gehen, was es mit dem Bagger und der Baustelle am bisherigen Standort auf sich hat, sehen wir die metallenen Aufsteller am Boden liegen. Verschrottet wurden sie also zumindest (noch) nicht. Wir setzen unseren Spaziergang Richtung Olympiapark fort – bei herrlichstem Sonnenschein und 25 Grad. Rekord auf dieser Reise bislang. Auf dem Sportplatz findet gerade ein Fußballspiel statt. Fein! Da gucken wir mal zu. Irgendwann aber setzt der Teedurst ein. Und wir haben ja noch frisches Wiener Bröd auf Lager. Also zurück zum Womo, eine Runde Mümmeln und Rückweg-Pläne für Schweden schmieden. Gegen 20 Uhr gewinnt noch mal der Ehrgeiz die Oberhand. Die Abendwanderung führt diesmal zu den Olympia-Sprungschanzen inklusive jener Arena, in der 1994 die Winterspiele eröffnet wurden. Und weil wir in diesem Norwegen-Urlaub noch gar keinen Berg bestiegen haben, müssen jetzt die Endlostreppen links und rechts der beiden Schanzen herhalten. Toller Blick ins Tal, auf Lillehammer und den Mjösasee im Licht der nun gaaanz langsam sinkenden Sonne. Aber auf Skiern würden wir da nicht hinunter wollen. Also geht es zu Fuß wieder treppab und zurück zum T-Rex. Schließlich brauchen wir ja auch noch einen Platz zum Übernachten. Zum Glück wissen wir schon, wo. Nämlich dort, wo wir in den Vorjahren bisher immer nur zur Frühstücks- oder zur Mittagspause hin sind: Hamar. Der Badeplatz am See ist zwar kein Geheimtipp mehr, schon gar nicht bei den campingverrückten Norwegern, aber es gibt trotzdem eine geräumige Lücke für uns. Juhu!
Tag 13 – Donnerstag, 16. Mai 2024
Abfahrt: 13.15 Uhr
Tachostand: 50.838 km
Reichweite: 862 km
Ausschlafen muss heute natürlich sein. Und dann ein ausgiebiger Spaziergang am See, der im Vergleich zum letzten Mal randvoll mit Wasser ist. Wir hängen noch ordentlich Chillzeit dran, bevor wir dann am späteren Mittag wieder aufbrechen. Gut, dass wir die Batterien so noch mal aufgeladen haben, denn bei Oslo herum stehen wir wie befürchtet im Stau – und der hält sich leider auch noch, als wir Richtung Moss und Larkollen am Oslofjord abzweigen. Wir kämpfen uns gefühlt stundenlang durch den nervigen Stop-and-Go-Feierabendverkehr. Doch das Durchhalten lohnt sich. Larkollen ist einfach ein süßer kleiner Holzvillen-Ort in idyllischer Fjordlage, einst (um 1700 herum) ein wichtiger Segelschiff-Hafen – heute eine beliebte Sommerfrische mit nur einem einzigen Hotel, aber ordentlich Strand und Schärenfelsen vor Ort. Da tummeln sich auch die Seehunde gern im Wasser, wie wir gerade anhand eines besonders verspielten Exemplars in der Bucht am Støtvig-Hotel feststellen können. Später testen wir noch den Dänemarkstrand hinter dem Wald am Campingplatz, der auch als Surfspot vermerkt ist. Doch mit Wind ist an diesem Tag nicht viel, eher Sonne und Relaxen. Interessant: Auf dem Waldparkplatz entdecken wir am Zugang zum Strandweg ein paar Extratonnen mit Müllbeuteln zum Mitnehmen, damit am Strand später nichts liegenbleibt. Gute Idee. Die Nacht wollen wir jedoch woanders verbringen. Und wir müssen auch noch einrechnen, dass am nächsten Tag Nationalfeiertag ist und somit so ziemlich alle Läden geschlossen sind. Und wir möchten auch am Freitag nicht Wiener-Bröd-los sein. Das haben sich wohl auch andere schon gedacht. Erst im dritten Supermarkt am Wegesrand sind wir vollversorgt. Nun aber nichts wie hin zum Mærrapanna Friluftsområde, westlich von Fredrikstad am äußeren Oslofjord. In dem Naturreservat mit Badeplatz sollen Norwegens schönste Schären liegen. Das müssen wir natürlich überprüfen. Aber nicht mehr komplett heute noch. Nach unserer Ankunft gegen 19 Uhr auf dem großen Parkplatz am vorgelagerten Wäldchen ist zwar noch ein Kurzspaziergang drin. Doch der führt uns erst mal „nur“ zum niedlichen Bootshafen. Dann gewinnt der Hunger und treibt uns zum Abendprogramm zurück zum Womo.
Tag 14 – Freitag, 17. Mai 2024
Abfahrt: 13 Uhr
Tachostand: 51.086 km
Reichweite: 644 km
Wir lassen den Feiertag gemütlich angehen. Dann packen wir ein bisschen Frühstücks-Proviant ein und wandern diesmal Richtung Badeplatz und Schärenküste. Die empfängt uns mit einem Jumbo-Liegestuhl aus Holz in Orange. Von hier aus könnte man ausgiebig Klippenklettern gehen und über eine Leiter ins kalte Nass steigen. Wir stromern jedoch linksherum über die große Spiel- und Liegewiese, lassen die Grillplatz-Nischen rechts liegen und setzen von dieser Seite zum Erklimmen der Felsen an. Ein Schwalbenschwanz begleitet uns flatternd ein kleines Stück. Von irgendwoher wehen auf einmal Trommelwirbel und Spielmannszug-Klänge heran. Wir suchen uns ein nettes Sitzplätzchen, lauschen dem entfernten Festumzug, mümmeln unser Mini-Frühstück und genießen die maritime Aussicht. Doch irgendwann müssen wir weiter. Schweden ruft. Knapp zwei Stunden später mäandern wir die Westküste hinab bis zum Waldparkplatz am „Roten Superkrieger“ von Tanum. Denn wir haben noch mal Lust auf Felsritzungen. Sind immerhin Unesco-Weltkulturerbe. Ein schöner Holzsteg führt zu einer schnuckeligen Theatertribüne, auf der man sich den besten Blick auf die riesige, rot ausgemalte Ritzung im Stein suchen kann. Weiter hinein im Wald findet man zur Abwechslung auch mal weiß markierte Hüssi-Pferde. Erklärtafeln (auch in Deutsch) machen das Bild komplett. Übernachten wäre zwar schön hier, ist aber nicht erlaubt. Also steuern wir Fjällbacka an, das nur eine Viertelstunde entfernt ist. Am Rande des berühmten Westküsten-Ortes, in dem schon Hollywood-Legende Ingrid Bergman gern auf-(oder unter-?)tauchte, liegt der Gratis-Stellplatz unserer Wahl. Der besticht im Moment zwar eher durch staubigen Baustellen-Charme, aber die Sonne lacht vom Himmel, und der Fußweg ins Zentrum ist nicht wirklich weit. Aber erst mal machen wir es wie unsere schwedischen, deutschen und französischen Stehnachbarn und holen die Klappstühle heraus. Dazu gibt es ein Schälchen Norweger-Eis aus dem Kühlfach. Yummieh! Noch ein bisschen rutschen lassen, dann lockt der Ort. Der Spaziergang zur Kirche und den terrassenartig an der wuchtigen Schärenfelsenküste klebenden Holzhäuschen dahinter dauert zehn bis 15 Minuten. Fjällbacka ist nicht nur herrlich verwinkelt, sondern zu dieser Jahreszeit auch die Stadt des Flieders. Überall duftet es danach – bis auf den Bereich ganz unten am Hafen, wo all die Cafés, Restaurants und Bars versammelt sind. Da riecht es nach Pizza und Fisch. Ein kurzer Gang zum Ingrid-Bergman-Platz (mit dazugehöriger Büste) muss natürlich auch sein. Nicht weit davon entfernt beginnt über eine Fels- und Holztreppe der Aufstieg hinauf zur Felsenschlucht Kungsklyftan mit vier eingeklemmten Felsbrocken (hier lief Ronja Räubertochter im Film durch die Wolfsklamm in den Mattiswald). Ein bisschen Kletterei ist dabei schon nötig, mit normalen Sportschuhen machbar, Wanderboots wären allerdings besser gewesen. Egal, muss man eben ein bisschen mehr auf seine Zehen aufpassen. Nerviger sind jedoch die Mücken, die jetzt mehr und mehr auf ihre Abendrunde gehen. Also fix wieder hinaus aus der Schlucht, noch ein bisschen Schaufensterbummel und dann zurück zum T-Rex.
Tag 15 – Samstag, 18. Mai 2024
Abfahrt: 10.11 Uhr
Tachostand: 51.216 km
Reichweite: 1057 km
Ohne Hast und Eile brechen wir die Zelte ab und setzen unseren Weg nach Süden fort. In Höhe von Ljungskile steuern wir den örtlichen Rastplatz an, wo wir eine „Latrintömning“ vornehmen können. Das ist schnell erledigt. Nun aber heißt es erst mal fahren-fahren-fahren. In der Region Halland haben wir uns ein besonderes Pausenplätzchen ausgesucht: den Abenteuerpark Kungsbygget in Våxtorp. Dort gibt es nämlich eine der wenigen schwedischen Sommerrodelbahnen, dazu noch eine Zipline, Kletterturm und einen Hochseilgarten. Aber wir wollen vor allem rodeln. Wir lösen erst mal nur ein Ticket zum Probefahren (79 kr), schnappen uns einen Helm vom Sammelanhänger (Rodelbahn-Helmpflicht kennen wir aus Deutschland zwar nicht, aber gut…) und reihen uns in die Warteschlange ein. Am Zugseil geht es dann schnurstracks den Hang hinauf, es folgt eine kleine Kurve, in der der Haken abfliegt und man selbst den Steuer- bzw. Bremsknüppel übernimmt, und dann – huiiiiiii – geht es Kurve um Kurve 935 Meter hinunter. Das hat Spaß gemacht. Wir wollen mehr. Deshalb gönnen wir uns jetzt den Zehnerpack (fünf Fahrten für jeden, Preis pro Fahrt: 59 kr). Wir fliegen durch die Blechbahn, und wie im Fluge vergeht die Zeit. Zack, ist es 16.55 Uhr. Und wir müssen ja noch einen Schlafplatz ansteuern. Zum Glück wissen wir was Feines in der Nähe: unseren bewährten Platz am Meer, Mellbystrand. Gegen 17.20 Uhr sind wir da und fahren mitten drauf. Weil Wochenende und das Wetter klar und sonnig ist, sind wir nicht die einzigen hier. Die meisten sind aber mit dem Pkw da. Wir suchen uns einen Standort, wo wir keinem die Sicht nehmen und holen die Stühle heraus. Was gibt es Besseres als einen Abend am Wasser? Neben uns wirbelt ein verliebtes Pärchen zu schwedischer Countrymusik aus der Musikbox tanzend über den Sand. Andere gehen auf Muschelsuche oder stürzen sich in die frisch temperierten Fluten. Aber immerhin haben wir 28 Grad Außentemperatur. Mit einem stimmungsvollen Sonnenuntergang klingt der Tag aus.
Tag 16 – Sonntag, 19. Mai 2024
Abfahrt: 14.33 Uhr
Tachostand: 51.550 km
Reichweite: 617 km
Heute steigt das Thermometer zwar nur bis auf 21 Grad. Dafür haben wir uns in den Kopf gesetzt, heute mal ins Wasser zu gehen. Dank unsere Neopren-Shortys ist die Überwindung nicht allzu groß. Allerdings müssen wir erst mal ein ganzes Stück hineinwatenm bis man ordentlich schwimmen kann. Ist eben ein Familienstrand mit wenig Tiefgang auf den ersten Metern. Aber wir meistern diese Herausforderung. Danach genießen wir noch eine ganze Weile das Strandleben, bis wir am frühen Nachmittag genug haben. Eine Ehrenrunde über den nächsten Strandabschnitt wollen wir aber noch drehen. Keine gute Idee! Wir geraten zu dicht an die Wasserkante und fahren uns an der einzigen angematschten Stelle im Sand fest. Zum Glück ist eine dreiköpfige schwedische Familien zur Stelle. Mit vereinten Kräften graben wir den versackten Vorderreifen frei und schieben den T- Rex rückwärts aus der Kuhle. Unser Dank wird den Dreien auf ewig nachschleichen. Erleichtert kratzen wir endgültig die Strand-Kurve, legen aber noch einen Zwischenstopp am ICA Stormarknad in Mellby ein und eine Tank-Stippvisite am Rastplatz Hallandsåsen, wo wir außerdem noch den Wassertank am Serviceschrank auffüllen können. Perfekt! Eine Viertelstunde später steht noch ein Biltema-Besuch in Ängelholm auf unserer Liste. Der prima Insektenlöser für die Windschutzscheibe muss mit, Torftöpfchen für den Garten und zwei Kanister „Spolarvättske“ als Scheibenwischerwasser. Im Restaurant mampfen wir zum Schluss noch eine große Portion Köttbullar mit Preiselbeeren und Pressgurka-Salat. Ein Beutel Wiener Bröd wandert in unser Proviantfach, dann lassen wir den T-Rex wieder von der Leine. Eine gute Stunde später schlappen wir am Schloss Trolleholm vorbeim das jedoch in Privatbesitz und daher (wie der Park) nicht öffentlich zugänglich ist. Der etwas liegende Parkplatz behagt uns nicht als Übernachtungsquartier, also fahren wir zum nächsten Schloss: Torup. Gut eine halbe Stunde entfernt. Weil die womo-tauglichen Randplätze auf dem Parkplatz Dansbanavägen schon durch grillende arabische Großfamilien belegt sind, die gefühlt alle einzeln mit dem SUV gekommen sind, schnappen wir uns eben einen weniger schattigen Platz auf der etwas beengteren Parkfäche davor an der Zufahrt. Aber mit Überhang hinten heraus passt es. Und wir haben einen ganz netten Blick auf den Jagdpavillon und einen Ententümpel. Fünf Minuten zu Fuß in die andere Richtung liegt unser eigentliches Ziel: der Schlosspark. Dieser ist täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet. Zeit für einen kurzen Foto-Rundgang ist also noch. Sooo viel duftender Flieder!!! Auch das Schlossgebäude ist imposant. Es gehört zu den am besten erhaltenen Renaissance-Schlössern Skandinaviens. Die ursprüngliche Geschichte des Schlosses reicht allerdings bis in die Zeit um 980 zurück. Zwar wurde danach eine Menge daran herumgebaut, Teile der mittelalterlichen „Basics“ sind aber noch erkennbar. Darum herum breiten sich ein Buchenwald und ein hübscher Park aus. Den wollen wir mit weniger Zeitdruck im Nacken aber erst am nächsten Tag erkunden. Dafür noch ein paar Infos zum Schloss: Dieses wurde in seiner heutigen Erscheinung ab dem 16. Jahrhundert hergerichtet. Da hatten hier in Skåne noch die Dänen das Sagen. Entsprechend gehörte eine Zeitlang auch das dänische Königshaus zu den Besitzern. Zwischendurch verfiel es jedoch, wurde dann aber im 19. Jahrhundert unter der neuen Besitzerfamilie Coyet saniert. 1970 kaufte die Stadt Malmö das Schloss mit weiteren dazugehörigen Gebäuden, dem Park, dem Wald und landwirtschaftlichen Flächen. Die Familie durfte das Schloss aber erst noch weiternutzen. Die letzten Mitglieder zogen 2012 aus, so dass seither größere Teile des Schlossparks für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Nun aber, bevor die Tore abgeschlossen werden: zurück zum T-Rex. Abendbrot. Heia. Gute Nacht.
Tag 17 – Montag, 20. Mai 2024
Abfahrt: 11.45 Uhr
Tachostand: 51.713 km
Reichweite: 367 km
So, jetzt noch mal in Ruhe den Schlosspark erkunden. Wir drehen die große Runde vorbei an Brunnen, Wassergraben, Flieder, exotischen Bäumen, riesigen Buchen, moderner Kunst, Seeterrasse, Kräutergarten, Hopfengarten und Streuobstwiese. Das Schlosscafè gegenüber sparen wir uns mal, Wir wollen noch ein bisschen ans Meer. Aber wenn schon, dann richtig, nämlich an die südlichste Spitze Schwedens. Die ist nur eine Dreiviertelstunde entfernt. In Smygehuk angekommen, könnten wir das Womo mit etwas Mühe an den hinteren Rand des offiziellen Parkplatzes am Zugang zum Hafen quetschen. Wir sind aber mal etwas bequem und wählen die große Wiesenfreifläche links daneben, die zum Köpmansmagasin gehört, dem alten Speicherhaus, das heute eine Galerie für lokales Kunsthandwerk ist. Da soll man laut behördlicher Anordnung eigentlich schon seit ein paar Jahren keine Fahrzeuge mehr drauf abstellen, aber die Besitzer haben Einspruch eingelegt und dulden sogar, dass Wohnmobile dort über Nacht stehen, wie wir anhand etlicher entspannter Camping-Schweden erkennen können. Wir dagegen wollen ja nur mal gucken (und kaufen) gehen. Denn es gibt noch zwei weitere Lädchen dort: Blumen, Deko, Mitbringsel, Socken und Krimskrams. Und alles mit superschöner Aussicht. Da wäre es Sünde, nicht noch eine Spazierrunde am Wasser bis zum Hafen zu machen, vorbei an historischen Kalköfen, moderner Kunst, Bötchen und Cafés mit einer Ehrenrunde zu Uma Thurmans Omi, die 1930 vom Künstler Axel Ebbe in die Statue „Famntaget“ (Die Umarmung) verwandelt wurde. Danach noch schnell Nils Holgerssons Leitgans Akka (ebenfalls in Bronze) guten Tag gesagt, die einen weiteren Kunsthandwerk-Shop bewacht, und dann – husch-husch – zum T-Rex. Gerade noch rechtzeitig vor dem großen Regenguss. Den warten wir noch gemütlich ab, bevor wir uns auf die Suche nach unserem nächsten strandnahen Übernachtungsplatz machen. Wir versuchen unser Glück in Gislövs Läge, doch da ist Camping verboten, dem durchgestrichenen Wohnmobil auf dem Schild zufolge. Na gut,dann wieder ein Stückchen zurück nach Böste zum Badeplatz mit geräumiger Parkfläche davor. Ein kurzer Weg führt durch die Dünen ans Wasser, das uns in fast karibischen Farben entgegenleuchtet. Davor weißer Sandstrand. Ja, super! Besser geht’s doch nicht! Und bis auf ein Pause machendes Handwerkerfahrzeug sind wir gerade die einzigen auf dem Platz. Hier bleiben wir. Gesagt, getan und Essen gemacht. Nach dem Rutschenlassen nehmen wir dann noch eine ausgiebige Tunkung in der Ostsee vor. Herrlich! Inzwischen haben sich ein weiteres deutsches und ein französisches Wohnmobil auf dem Platz hinzugesellt. Aber, hey, ist ja auch Platz genug. Zumindest, bis später am Abend die Deutschland-Fähre in Trelleborg anlegt. Auf einmal strandet hier ein Womo nach dem anderen. Ist offenbar doch kein Geheimtipp mehr. Bis spät in die Nacht quetschen sich noch Womos hinzu, die anderswo nicht mehr untergekommen sind. Was für ein Glück, dass wir so früh hier gelandet sind.
Tag 18 – Dienstag,21. Mai 2024
Abfahrt: 9.55 Uhr
Tachostand: 51.776 km
Reichweite: 380 km
Wir wollen heute dahin, wo die anderen gestern hergekommen sind: nach Trelleborg. Aber nicht zur Fähre, sondern zur (zu einem Viertel) rekonstruierten Wikingerburg Trelleborg. Das kleine Museum (Västra Vallgatan 6, mit Shop und Café) hat im Mai zwar dienstags und mittwochs geschlossen, aber die Außenanlage ist rund um die Uhr geöffnet. Wir lassen uns auf dem Holzpfad zur Burg ein bisschen was von den Fröschen am Tümpelrand vorquaken und klettern ein bisschen auf dem Burgwall herum. Was man als Wikinger-Touri eben so tut. Doch so langsam müssen wir uns jetzt doch von Schweden verabschieden – jedoch nicht ohne einen letzten Einkauf. Es stehen schließlich noch ein paar nahrhafte Mitbringsel auf unserer Liste. Die besorgen wir im ICA Kvantum in Vellinge südlich von Malmö – und witzigerweise Geburtsort des Bildhauers Axel Ebbe (1868-1941), mit dem wir ja gestern indirekt schon eine Begegnung hatten. Nachdem wir ordentlich zugelangt haben, heißt es „hej då, Sverige“. Ohne weitere Umwege nehmen wir Kurs auf die Öresundbrücke und Dänemark. An der Mautstation wartet allerdings noch eine unvorhergesehene Herausforderung auf uns. Denn wir landen in einer Spur, in der genau vor uns ein schwedisches Auto mit einem uralten Ehepaar darin nicht mehr in Gang kommt. Unsere Mautbox ist schon „eingeloggt“, also können wir jetzt vermutlich nicht ohne doppelte Abrechnung die Spur wechseln. Und die beiden scheinen fremde Hilfe zu brauchen. Klare Sache, dass sich Ansgar die Sache mal anschaut, als die alte Dame aussteigt und fragt, ob er vielleicht das Fahrzeug zum Starten bewegen kann. Schien erst so, als würde sie lieber nach einem schwedischen Helfer Ausschau halten wollen, aber die Kommunikation sollte ja nicht das Problem sein. Tatsächlich ist die Lösung schnell gefunden. Die Fahrerin hatte sich für das Hantieren am Terminal aus dem Fenster heraus ab- und nicht wieder angeschnallt. Und dann ist im Auto die Wegfahrsperre aktiv geworden. Nach dem Angurten klappt’s auch wieder mit dem Anlassen. Ansgar fährt das Auto noch eben durch die offene Schranke und für die Übergabe aus der „Flugbahn“. Den Herrschaften fällt sichtlich ein großer Stein vom Herzen und wissen jetzt, woran es lag. Das passiert denen bestimmt so schnell nicht wieder. Und wir haben Karmapunkte gesammelt. Eine Dreiviertelstunde später legen wir eine letzte Shopping-Rast ein, beim Spangsberg-Fabrikshop in Tåstrup (Tåstrupgårdsvej 22), 18 Kilometer westlich von Kopenhagen. Dort wollen wir uns probehalber mal mit Flødeboller eindecken. Wörtlich übersetzt: Sahnebälle, sind aber Schaumküsse, quasi die dänischen Dickmanns, aber in noch viel mehr Geschmacksrichtungen. Aber die haben auch noch eine Menge anderen gemeinen Süßkram, darunter Marzipan, Lakritz, Konfekt und Nougat-Marienkäfer (Mariehøner). Zwei Mix-Schachteln müssen mit und noch ein bisschen was anderes. Passt alles so gerade noch in den Kühlschrank. Auf dem Autobahn-Rastplatz Kongsted Nord ist zum Schluss noch mal Gelegenheit, unserem T-Rex eine Komplett-Entsorgung zukommen zu lassen. In Nyborg finden wir eine günstige Uno-X zum Tanken und kurz vor der kleinen Beltbrücke einen schön begrünten Rastplatz für einen Zwischenmampf. Danach noch ein bisschen Ausspannen, bevor es um 16 Uhr weitergeht. Theoretisch könnten wir jetzt die viereinhalb Stunden bis nach Hause durchfahren. Doch kurz vor Neumünster haben wir keine Lust mehr. Unsere Schnellsuche in der Womo-App wirft uns den Einfelder See als möglichen Übernachtungsplatz aus. Gebongt! Gegen 18.30 Uhr finden wir den angegebenen Parkplatz (Strandallee 29) zwischen Segel- und Kanuclub, wo tatsächlich Wohnmobile erlaubt sind. Und einige stehen da auch schon. Wir reihen uns locker ein, schräg gegenüber der Nautilus (ok, ist nicht das U-Boot von Kapitän Nemo, sondern Segelboot auf Trailer, aber immerhin…). Noch ein kurzer Abendspaziergang, bevor die Mücken kommen, dann: Austrullern im T-Rex.
Tag 19 – Mittwoch, 22. Mai 2024
Abfahrt: 9.40 Uhr
Tachostand: 52.278 km
Reichweite: 640 km
Heute wird nicht mehr lang gefackelt. Jetzt geht es in einem Rutsch nach Hause. Wir kommen staufrei durch. Drei Stunden später schnuppert der T-Rex wieder Salzluft am Deich. Nach Hause kommen ist auch schön!